Fleisch-Skandal: Österreicher ändern Ess-Verhalten kaum

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Österreicher sehen wenig Bedarf an weiteren Gütezeichen. Nur 13 Prozent halten Lebensmittel für zu billig. Deutsche wollen weniger Fertiggerichte essen.

Nur zwölf von hundert Österreichern wollen ihr Ernährungsverhalten nach dem aktuellen Skandal um als Rindfleisch getarntes Pferdefleisch, das zuvor durch halb Europa geliefert worden war, ändern. Beim BSE-Skandal waren es 50 Prozent gewesen. Das ist ein Detail aus einer Studie des market Instituts mit dem Titel "Lebensmittelsicherheit", beauftragt durch das Landwirtschaftsministerium von Nikolaus Berlakovich (ÖVP). "88 Prozent kümmert das Skandal in ihrer Ernährung überhaupt nicht", erklärte market-Chef Werner Beutelmeyer. 90 Prozent wünschen sich aber eine europaweite Herkunftsbezeichnung.

Qualität und Preis stünden zwar besonders in Diskussion, aber: "Es gibt kaum Spuren im Konsumentenverhalten", so der Experte. "Bezeichnend" sei, dass die Österreicher nach wie vor kaum Preisspielraum bei Lebensmitteln und einhergehend auch nicht bei regionalen Produkten sehen, so Beutelmeyer. "55 Prozent sagen jetzt immer noch, Lebensmittel sind zu teuer. Dabei ist ja gerade der aktuelle Skandal ein Beweis für Billigproduktion. Zudem erwartet jeder Zweite bei niedrigen Preise Top-Qualität." 13 Prozent der 600 Befragten ab 15 Jahren meinten, Lebensmittel seien zu billig.

Regionalität gewinnt an Bedeutung

Dafür werde das Thema Regionalität ob des Skandals gestärkt, so Beutelmeyer. 74 Prozent sagen, Regionalität bedeute Glaubwürdigkeit und werde immer wichtiger. Ein Drittel sagt, regional einzukaufen. "Grundsätzlich ist ein Drittel bereits auf Regionalität getrimmt, beim Rest gibt es Potenzial dafür", deutete Beutelmeyer aus den nackten Zahlen. 90 Prozent sagten, sie hätten eine hohe Bereitschaft, verstärkt Produkte aus der heimischen Region zu kaufen. "Der überhaupt wichtigste Gradmesser für Qualität ist aber schlicht die eigene Erfahrung", so der Meinungsforscher.

Eine relative Abfuhr wurde neuen Gütesiegeln erteilt: 48 Prozent meinen, es gibt bereits jetzt zu viele, für 38 Prozent sind die derzeitigen Siegel gerade ausreichend und nur neun Prozent wollen mehr. Das AMA-Gütesiegel ist aber österreichweit durchwegs bekannt.

Lebensmittel aus Österreich werden prinzipiell als sicher eingestuft, die Bestnote wird aber auch nur selten vergeben, besagt die Studie, deren Schwankungsbreite +/- 4,08 Prozent beträgt.

Deutsche verzichten auf Fertigprodukte

Nach dem Fund von Pferdefleisch in Tiefkühllasagne will ein Drittel der Deutschen einer Umfrage zufolge künftig auf den Kauf von fleischhaltigen Fertiggerichten verzichten. "Dagegen haben rund 60 Prozent grundsätzlich kein Problem damit, Pferdefleisch zu essen", teilte das Marktforschungsinstitut GfK am Dienstag in Nürnberg mit. "Es muss aber gesundheitlich unbedenklich und entsprechend deklariert sein." Allerdings gibt es dabei innerhalb der Bevölkerung Unterschiede. Männer, Kinderlose und ältere Menschen stehen dem Verzehr von Pferdefleisch aufgeschlossener gegenüber als Jüngere, Eltern oder Frauen. Dies ergab eine Ende Februar durchgeführte repräsentative Umfrage der GfK und des GfK-Vereins.

Noch immer keine Daten zu Linzer Würsten

Im Fall der Frankfurter Würstel der Linzer Firma Landhof, die laut russischen Behördenangaben Pferdefleisch enthalten haben sollen, sind noch immer keine Dokumente aus Russland eingetroffen, teilte das Gesundheitsministerium am Dienstag mit. Die Analyseergebnisse heimischer Stellen standen zunächst aus, jene des Unternehmens selbst fanden keine Pferde-DNA in den Würsten.

Vor rund zwei Wochen haben russische Kontrolleure nach eigenen Angaben in einer Lieferung der Linzer Firma nicht deklariertes Pferdefleisch gefunden. Österreich erlangte vergangenen Mittwoch Kenntnis davon. Das Gesundheitsministerium verlangte daraufhin die Daten von den Russen, es wurden aber vorerst nur die Liefer-Chargen bekannt gegeben. Das betroffene Unternehmen ließ Proben dieser Chargen, die es laut Gesetz aufbewahren muss, testen. Dabei wurde keine Pferde-DNA gefunden. Auch österreichische Behörden gaben Laboranalysen in Auftrag, die Ergebnisse lagen aber am Dienstagvormittag noch nicht vor.

Die Wirtschaftskammer rät heimischen Betrieben, vorerst kein Fleisch nach Russland, Weißrussland und Kasachstan zu exportieren, bis die Lage geklärt ist. Ein ausdrückliches Export-Verbot Österreichs bzw. ein Importverbot von russischer Seite gibt es nicht, auch nicht für die betroffene Firma. Russland verlangt allerdings, dass das Unternehmen neu zertifiziert werden müsse, wenn es weiterhin am russischen Markt tätig sein will.

(APA)

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