Die Unsportlichkeit der „Sportstadt Wien“

(c) ORF (Milenko Badzic)
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Nach dem Nein zu Olympischen Sommerspielen in Wien fürchten viele Sportverbände nun jahrelangen Stillstand. Trotz neuer Ankündigungen fehlen vor allem moderne Sportstätten – und ein Konzept.

Wien war nie eine Sportstadt und sie wird so schnell auch keine werden. So lautet die große Befürchtung vieler Sportlandesverbände nach dem klaren Nein der Wiener Bevölkerung in Sachen Olympia-Bewerbung für die Sommerspiele 2028.

Es ist tatsächlich bereits die zweite Olympia-Niederlage: Im vorigen Sommer hatte Österreichs erfolgloses London-Olympiateam eine breite Diskussion ausgelöst. Keine einzige Medaille wurde nach Hause gebracht – für Spitzenfunktionäre und Politiker eine „Schmach“. Was folgte, waren jede Menge an Lippenbekenntnissen. In einem Punkt waren sich alle Parteien aber einig: „Nach so einem Misserfolg kann man nicht zur Tagesordnung übergehen.“

Und dann folgte? Wenig. Dass der Sport nur ein Spielball der Politik geblieben ist, hat die Volksbefragung in Wien eindrucksvoll bestätigt. Eine ernsthafte und sachliche Auseinandersetzung mit diesem Thema fehlte, dass Wiens politische Spitzen die Frage nach einer Olympia-Bewerbung mit dem Österreichischen Olympischen Komitee (ÖOC) nicht abgestimmt hatten, passte zum Gesamtbild.

Wenn es der Bürgermeister sagt...

Insofern fragt sich, was von den neuen Ankündigungen von Investitionen in die „Sportstadt“ Wien zu halten ist. Denn schon lange fordern die Wiener modernere Sportstätten. Das Happel-Stadion, früher noch als Fünf-Sterne-Arena geführt, gilt längst als völlig veraltet. Wien kann sich mit diesem Oval, das unter Denkmalschutz steht, bei der Europäischen Fußballunion (Uefa) schon lange nicht mehr um Europacup-Finalspiele bewerben. Es wurde zwar mehrmals renoviert – zuletzt für die Euro 2008 – aber trotzdem nie den neuen Anforderungen gerecht. Die Laufbahn ist tatsächlich unbrauchbar – dabei wurde früher dort sogar einmal ein Weltrekord gesprungen. Inzwischen gibt keine Leichtathletik-Meetings mehr in der Landeshauptstadt.

Nach dem Nein zu Olympia kündigte Bürgermeister Michael Häupl nun, wie berichtet, an, dass ein derartiges Zentrum gebaut werde. Ein Standort bzw. erste Details stehen jedoch noch nicht fest. Fix ist nur, dass die Stadt Wien das Projekt aus eigener Tasche finanzieren wird bzw. muss. „Es ist derzeit nicht als Bundessportzentrum geplant. Deshalb wird es voraussichtlich keine finanzielle Unterstützung durch den Bund geben“, wird im Büro von Sportstadtrat Christian Oxonitsch erklärt. Doch Wien hat wegen seiner hohen Verschuldung finanziell kaum Spielraum, es wird an allen Ecken und Enden gespart. Wie soll sich das Leichtathletik-Zentrum finanziell ausgehen? „Wenn der Bürgermeister sagt, es kommt ein Leichtathletik-Zentrum, dann kommt es auch“, lautet die Antwort aus dem Sportressort.

Mehrzweckhalle: Kein Bedarf

Wie es um den Schwimmsport bestellt ist – Stichwort Stadthallenbad  –, ist hinlänglich bekannt. In einer Traglufthalle im Stadionbad trainieren zu müssen, trägt wenig zu einer Finalteilnahme bei Olympia bei. Hier soll es bald Änderungen geben. Häupl kündigte vor dem Leichtathletik-Zentrum auch ein neues Schwimmzentrum an. Es soll auf dem Gelände des Stadionbades entstehen und rund 11,3 Millionen Euro kosten. Dafür werden sechs Bahnen mit einem 15 mal 50 Meter großen Becken gebaut – für Schwimmer, Wasserballer und Synchronschwimmer. Trotz Häupls Ankündigung ist die Realisierung unsicher. Denn nur wenn der Bund mitzahlt, wird das Schwimmsportzentrum gebaut. Wobei das Sportministerium zumindest einmal Gesprächsbereitschaft signalisiert hat. Immerhin verfügt Wien aber über ein Ruderzentrum, heuer soll auf der Donauinsel ein Wildwasserkanal dazukommen. Faktum bleibt allerdings: Der Stadt gelingt es derzeit kaum, sich für größere Sportveranstaltungen zu bewerben. Umso stolzer ist man darauf, die Europameisterschaft in der rhythmischen Sportgymnastik (ab 31. Mai) geholt zu haben. Als Austragungsort dient just die Stadthalle, die bei der letzten Eishockey-Weltmeisterschaft in die Negativschlagzeilen gerutscht ist. Das Eis brach ein, Vertreter internationaler Medien haben darüber einigermaßen verstört berichtet.

Was Wien jedenfalls auch weiter fehlen wird, ist eine Multifunktionshalle, die von (Hallen-)Sportlern gefordert wird. Laut Oxonitsch ist dieses Projekt, das vor Jahren angekündigt wurde, endgültig vom Tisch. Machbarkeitsstudien hätten ergeben, dass kein Bedarf existiert. Die Vereine sehen das anders.

Auf einen Blick

Projekte. Die Stadt Wien plant den Bau eines Leichtathletik-Zentrums, das Sportler seit langen Jahren vermissen. Wobei Kosten und Standort noch offen sind. Auch ein Schwimmzentrum soll entstehen, sofern der Bund mitzahlt. Fix ist tatsächlich nur ein Miniprojekt: ein Wildwasserkanal für das Ruderzentrum auf der Donauinsel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2013)

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