Wiener Wasser trinkt man nicht nur in Wien. Wie viel die Stadt damit einnimmt, verrät sie nicht.
Wien/Stu. Die Menschen in der Bundeshauptstadt genießen einen Luxus, um den sie von den Bewohnern anderer Metropolen beneidet werden: Aus dem Wasserhahn fließt natürliches Hochquellwasser. Gespeist wird die Wiener Wasserversorgung aus den Quellen in den steirischen und niederösterreichischen Alpen – der Grund dort gehört der Stadt, wo täglich 380 Millionen Liter Wasser verbraucht werden. Das entspricht täglich 130 Liter Wasser pro Wiener.
Der Handel mit dem Wasser ist nicht zuletzt auch ein lukratives Geschäftsmodell. Wien verkauft Wasser nämlich an seine Umlandgemeinden in Niederösterreich. Gablitz, Mauerbach, Purkersdorf, Tullnerbach und Pressbaum sind einige Gemeinden, mit denen Wien Geschäfte macht. Der Grund, weshalb das Wiener Hochquellwasser in Niederösterreich so beliebt ist: Es ist deutlich weicher als das in Niederösterreich verfügbare Wasser.
Hartes Wasser ist medizinisch gesehen zwar kein Problem, es setzt allerdings Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen etc. zu. Und das Hochquellwasser besitzt eine höhere Qualität als viele Quellen in Niederösterreich. Denn durch den massiven Einsatz von Dünger in der Landwirtschaft ist die Nitratbelastung im Quellwasser in Teilen Niederösterreichs sehr hoch.
Tullnerbach ist eine jener niederösterreichischen Gemeinden, die vor Jahren auf Wiener Wasser umgestiegen ist. „Wir sind zufrieden“, sagt Johann Novomestsky, Bürgermeister von Tullnerbach, zur „Presse“. Das Wiener Wasser sei nicht so kalkhaltig wie das Wasser, das seine Gemeinde zuvor über das Tullner Netz bezogen hat.
Wie gesagt: Wasser ist auch ein Geschäftsmodell der Stadt. Fragen, wie viel Gewinn Wien mit dem Wasserverkauf an die Umlandgemeinden macht, werden vom Umweltressort aber nicht beantwortet. Das dürfte seinen Grund haben. Denn so selbstlos, wie sich die Stadt immer darstellt, ist sie nicht. Der Rechnungshof hat aufgezeigt, dass allein in den Jahren 2005 bis 2007 der Wasserverkauf 191,07 Millionen Euro Gewinn gebracht hat. Wie Wien auf seinen Wasserpreis kommt, war für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar: Es gab keine schlüssige Kostenkalkulation. Das dementiert die Stadt laufend. Der Rechnungshof habe eben falsch gerechnet.
In der Zwischenzeit sind die Einnahmen der Stadt durch den Wasserverkauf weiter gestiegen. Immerhin wurde der Wasserpreis 2012 um satte 33 Prozent erhöht. Nach Recherchen des „Presse“-Wirtschaftsressorts bewegt sich die Stadt bei der Wasser-Rendite im Bereich von privaten Wasserversorgern, vor denen die Stadtregierung immer warnt (Stichwort: Preisexplosion).
In Niederösterreich selbst ist die EVN der größte Wasserversorger, sie beliefert rund 500.000 Menschen. Renditen werden auch dort nicht genannt. Laut EVN sei es aber kein ausgesprochen lukratives Geschäft. Man hätte oft alte Netze einer Gemeinde übernommen und teuer sanieren müssen. Das rechne sich nach Angaben der EVN nur sehr langfristig.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2013)