Einbürgerungstest: Weniger Fakten, mehr Werte

Sebastian Kurz
Sebastian Kurz(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
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Der Test zur Erlangung des österreichischen Passes wurde im Auftrag von Sebastian Kurz überarbeitet. Weniger Fakten werden abgefragt. Der Test soll sich vielmehr um österreichische „Werte und Prinzipien“ drehen.

Wien. Wer österreichischer Staatsbürger werden möchte, muss in Zukunft einen neuen Test bestehen: Denn im Auftrag von Sebastian Kurz, ÖVP-Staatssekretär für Integration, hat das sogenannten Expertenteam für Integration neue Fragen für die Prüfung ausgearbeitet. Das Ergebnis wurde am Mittwoch präsentiert, laut Kurz soll es auch „baldigst“ umgesetzt werden. Der Test soll sich weniger um historische Fakten, sondern vielmehr um österreichische „Werte und Prinzipien“ drehen.

Fragen wie „Wann wurde die zweite Türkenbelagerung abgewehrt?“ werden demnach gestrichen. Dafür soll verstärkt das Wissen um das Zusammenleben in Österreich abgefragt werden (siehe Testfragen unten), etwa: „Was kennzeichnet die Menschenwürde?“ Damit sich die potenziellen Neo-Österreicher auf die Prüfung vorbereiten können, wurden die Lernunterlagen „Mein Österreich“ herausgegeben. Dort findet man die Geschichte Österreichs in neun Etappen (von den frühen Siedlern über den Nationalsozialismus bis hin zum Beitritt zur Europäischen Union) sowie die „demokratische Grundordnung“ des Landes, sprich Österreich als liberaler Staat, Rechtsstaat oder als Republik. Außerdem wird erklärt, warum Österreich aus neun Bundesländern besteht, wer Kaiser Franz Josef war und welche die Aufgaben eines Bundespräsidenten sind.

Auch Beispielfragen finden sich in den Unterlagen – inklusive Lösungen. Dabei sind meist mehrere Antwortmöglichkeiten richtig. Wer aber beim Test auch nur eine falsche Antwort ankreuzt, bekommt keinen Punkt für diese Frage. Der Prüfungsstoff bezieht sich allerdings nur auf zwei von drei Teilen des Einbürgerungstests: Neben der „Geschichte Österreichs“ und der „demokratischen Grundordnung“ wird auch die „Geschichte meines Bundeslandes“ abgefragt.

>> Test: Könnten Sie Österreicher werden?

Die Lernunterlagen für diesen individuellen Teil findet man entweder auf der Website oder beim zuständigen Amt des jeweiligen Bundeslandes. Der einheitliche Teil des neuen Staatsbürgerschaftstests hat allerdings einen eigenen Internetauftritt: Unter www.staatsbuergerschaft.gv.at finden sich Informationen und Unterlagen.

Der überarbeitete Test ist einer der Schritte zu einer „neuen Willkommenskultur für Neuzuwanderer“, wie sie Kurz nennt. Der Staatssekretär will demnach eine Erstbetreuung direkt an den heimischen Botschaften im Ausland einführen, in Österreich selbst soll es „Österreich-Zentren“ geben, also regionale Beratungsstellen, in denen sich Interessenten über Rechte und Pflichten informieren können. Dazu gibt es auch eine sogenannte Wertefibel, in denen sechs Prinzipien und 18 Werte des Landes vorgestellt werden. Erarbeitet wurde die Fibel unter der Leitung von Christian Stadler, dem stellvertretenden Vorstand des Instituts für Rechtsphilosophie der Uni Wien.

Auf rund 30 Seiten werden die heimischen Prinzipien festgehalten. Unter anderem ist dort zu lesen (frei nach dem ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy): „Frag, was du für andere tun kannst, nicht, was die anderen für dich tun können.“ Oder: „Wenn ich einen Menschen in Not sehe, fasse ich mir ein Herz und tu etwas.“ Auch der Föderalismus wird als ein Wert genannt.

Doch der eigentliche große Brocken der Einbürgerungsreform, also das neue Staatsbürgerschaftsgesetz, steht noch in der Schwebe: SPÖ und ÖVP konnten sich noch nicht über den genauen Gesetzestext einigen. Allerdings seien nur noch „Details“ offen, meinte zumindest Kurz. Er hoffe, dass das Gesetz „nächste oder übernächste Woche“ über die Bühne gehen kann. Dabei geht es vor allem um die untere Einkommensgrenze für potenzielle Neo-Österreicher, die vor allem schlecht entlohnte Arbeiterinnen und Alleinerzieherinnen am Erwerb der Staatsbürgerschaft hindern könnte.

Jelzins Tochter wurde Österreicherin

Auch die Vergabe von Promi-Staatsbürgerschaften sind Thema bei den Koalitionsgesprächen. „Berühmt sein allein reicht nicht“, meint Kurz dazu. Strengere Kriterien müssten folgen. In diesem Zusammenhang berichtet „News“, dass die Tochter des früheren russischen Präsidenten Boris Jelzin die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt – sie soll sie auf Betreiben des Konzerns Magna 2009 erhalten haben.

Damals soll sich das Unternehmen wegen der „erheblichen Leistungen“ für die Magna Steyr Fahrzeugtechnik AG für ihre Einbürgerung – und die ihres Mannes – eingesetzt haben. Das Wirtschaftsministerium hat ihrem Mann dann „bereits erbrachte sowie zu erwartende außerordentliche Leistungen für die Republik“ attestiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2013)

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