Wien: Der rot-grüne Kampf ums Fahrrad

Maria Vassilakou
Maria Vassilakou(c) Michaela Bruckberger
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Maria Vassilakou will den Radverkehr kompromisslos fördern. Teile der SPÖ klagen, dass sie den öffentlichen Verkehr benachteiligt, und versuchen, die Grüne zu bremsen.

Wien. „Wenn viel passiert, löst das Kontroversen aus.“ Mit diesen Worten eröffnete Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) am Mittwoch ihre Grundsatzerklärung zum Thema Radfahren in Wien. Diese Kontroversen dürften überhaupt erst der Auslöser für die Erklärung im Gemeinderat gewesen sein – immerhin hat sich einiges an Konfliktpotenzial angesammelt: Vassilakou will alle Radwege der Stadt grün färben – für die Verkehrssicherheit, argumentiert sie. Radfahren gegen die Einbahn soll massiv ausgeweitet werden – selbst wenn die Wiener Linien wegen der erhöhten Unfallgefahr protestieren (wie bei der Habsburgergasse im ersten Bezirk). Die Radwege-Benützungspflicht soll fallen, der Ring (eine der meistbefahrenen Straßen Österreichs) soll für Radfahrer freigegeben werden – unabhängig davon, dass daneben ein Radweg existiert, so die grüne Forderung.

Dazu kommt: Tempo-30-Zonen sollen in Wien massiv ausgebaut werden, damit Autofahrer so langsam sind, dass Radfahrer gefahrlos mit dem Autoverkehr mitfahren können. Das Ziel: Der Radverkehr in Wien soll steigen. Dazu Vassilakou: „Wo der Radverkehr steigt, geht die Sonne auf.“

Mehr Radwege, mehr Radgaragen

Details kündigte die Grüne nicht an. Grundsätzlich sollen aber Radstraßen (auf denen Radfahrer immer Vorrang haben) ausgebaut werden, es sollen zahlreiche Radständer und Radgaragen (vor allem bei U-Bahn-Stationen) entstehen, bei denen das Rad sicherer (vor Diebstahl) stehen kann. Zusätzlich hat Vassilakou Pensionisten im Visier. Sie sollen verstärkt auf das Rad umsteigen, fordert Vassilakou. Denn: „Radfahren ist gesund und macht glücklich.“

Vassilakous Radkonzept, das im Gemeinderat mit den Stimmen des Koalitionspartners SPÖ beschlossen wurde, enthält aber nur den Radwege-Ausbau und bessere Abstellmöglichkeiten. Im Rathaus ist zu hören, dass dieses Konzept eine entschärfte Variante ist. „Sie wollte ursprünglich nur Maßnahmen für den Radverkehr. Den öffentlichen Verkehr hat sie völlig ausgeblendet“, ist in der SPÖ zu hören. Daher findet sich in dem Beschluss eine Beschränkung für Vassilakous Pläne: „Öffentlicher Verkehr und Fahrrad müssen eine wechselseitige Ergänzung sein.“ Das bedeutet, dass die Grünen nicht blind ihre Fahrradpolitik durchziehen können, sondern auf die „Öffentlichen“ Rücksicht nehmen müssen – wo diese es einfordern. Und: Vassilakou sei ebenfalls vermittelt worden, dass sie über die roten Bezirke nicht drüberfahren darf, heißt es im Rathaus.

Die Fokussierung der Grünen auf das Fahrrad sorgt in Teilen der SPÖ für Unbehagen. Vassilakou vernachlässige nicht nur den öffentlichen Verkehr, ihr Kampf gegen die Autos schade der SPÖ, wird dort kritisiert. Selbst Bürgermeister Michael Häupl hatte sich vor wenigen Wochen einen entsprechenden Seitenhieb in Richtung des Koalitionspartners nicht verkneifen können: Wien könne nicht Peking werden, wo jeder mit dem Rad fährt.

Das hat die SP-Basis mit Genugtuung aufgenommen. Denn gerade die mächtigen SP-Außenbezirke üben heftige Kritik an Vassilakous Verkehrspolitik.

Rot-grüner Schlagabtausch

Die grüne Radfahrpolitik sorgt also für Diskussionen in der Koalition. Doch es gibt weitere Konflikte zwischen den Regierungsparteien. Ex-Planungsstadtrat Rudolf Schicker (derzeit SP-Klubchef) liefert sich seit Tagen einen medialen Schlagabtausch mit dem grünen Planungssprecher Christoph Chorherr. Das grüne Planungsressort erledige Widmungen zu langsam, wodurch der dringend notwendige Bau von Wohnungen verzögert werde, erklärte Schicker öffentlich. Damit schlug er in eine Kerbe mit Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.

Chorherr konterte, dass man erst die Versäumnisse der Ära Schicker aufräumen müsse. Schicker revanchierte sich am Mittwoch sinngemäß so: Chorherr reagiere empfindlich, weil er nicht Planungsstadtrat geworden sei. Dasselbe wirft Chorherr Schicker vor – der Ex-Stadtrat kritisiere nur, weil er seine Ablöse nicht verkraftet habe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2013)

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