St.Pölten: Der Flop mit dem Swap

St Poelten Flop Swap
St Poelten Flop Swap(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Ein Ende des Prozesses gegen die Raiffeisen-Landesbank wegen verunglückter Spekulation ist nicht absehbar, die Stadt sieht „gute“ Chancen.

St. pölten/Wien. Die Stadt St. Pölten kämpft. Und zwar um rund 80 Millionen Euro, knapp die Hälfte eines ihrer Jahresbudgets. So viel müsste die Stadt zahlen, stiege sie heute aus einem komplexen Euro-Franken-Zinsswapgeschäft aus, das sie 2007 abgeschlossen hat – und für das sie derzeit rund eine Million Euro pro Quartal nachschießt.

Es ist ein Geschäft, von dem die mit SPÖ-Absoluter regierte Stadt inzwischen sagt, dass es 67 „hochtoxische Optionen“ und ein Risiko von bis zu 400 Millionen Euro beinhalte, bei dem es sich „um eine Zinswette“ gehandelt habe, wie es Lukas Aigner, Anwalt der Stadt, formuliert: „Man kann sich das wie einen Roulettetisch vorstellen, bei dem Nullen dazukommen, ohne dass der Spieler das erfährt.“

Das sei der Stadt aber nicht klar gewesen: „Bei Kenntnis der Risken hätten wir das Geschäft nie und nimmer abgeschlossen“, argumentiert Bürgermeister Matthias Stadler. Ihr Geschäftspartner habe der Stadt arglistig kritische Informationen verschwiegen, die Verhaltensregeln des Geschäftsverkehrs verletzt, sagt Aigner.

Prozess im politischen Umfeld

Und spätestens an diesem Punkt beginnt das Ganze hochpolitisch zu werden. Denn das Gegenüber, dem die Stadt dieses hässliche Verhalten um den verunglückten Swap vorwirft, ist niemand geringerer als die Raiffeisen-Landesbank Niederösterreich-Wien (RLB). Eine Bank, die Erwin Prölls niederösterreichischer ÖVP nahesteht – die seit einigen Wochen eine harmonische Koalition mit der SPÖ pflegt, deren Führung ausgerechnet Stadler im März übernommen hat.

Was die Stadt-ÖVP nicht abhält, politische Konsequenzen zu fordern: „Vor Gericht wurde auch bestätigt, dass mit dem Geschäft das vom Gemeinderat vorgegebene Risikolimit überschritten wurde“, sagt Peter Krammer, schwarzer Klubobmann im St. Pöltner Gemeinderat – er fordert einen U-Ausschuss, der freilich bisher von der roten Mehrheit abgelehnt wurde.

Trotzdem: Landeshauptmann und Landeshauptstadt-Bürgermeister pflegen seit Jahren ein gutes Verhältnis. Damit mag auch zu tun haben, dass die RLB der Stadt noch vor vier Jahren in der Sache gern entgegengekommen ist. Und das, obwohl sie die Vorwürfe der Stadt zurückweist und behauptet, St. Pölten habe wohl um die Risken des Geschäftes gewusst, habe sie doch schon seit 2003 etliche gleichartige Geschäfte abgeschlossen,

Schon damals, 2009, hatte sich nämlich abgezeichnet, dass der Swap, der eigentlich dazu dienen sollte, die Zinsen auf ein anderes Darlehen der Stadt zu reduzieren, in einem finanziellen Debakel enden könnte. Die Möglichkeit einer Irrtumsanfechtung des Geschäftes endet aber drei Jahre nach dessen Abschluss – also hätte die Stadt spätestens Ende 2010 vor Gericht ziehen müssen.

Nun stand in St.Pölten aber Mitte 2011 die Gemeinderatswahl an – in einem Spitzengespräch zwischen Stadler und Erwin Hameseder, damals RLB-Vorstand, einigte man sich, dass die RLB auf die Verjährung verzichten würde, St.Pölten also weiterhin klagen dürfte – solange die Stadt ihre Raten weiterhin anstandslos begleichen würde. Im Vorfeld der Wahl war der Swap damit kein großes Thema, Stadler hielt seine Absolute.

Genau diese Gefälligkeit der RLB könnte sich jetzt als trojanisches Pferd erweisen: Denn schon Anfang 2011 hätte die Stadt eine Rate zu spät beglichen, argumentiert die RLB in dem inzwischen seit Dezember 2011 gerichtsanhängigen Verfahren. Die Stadt klagt die RLB auf Schadenersatz und Ungültigkeit des Geschäftes.

Kommt das Handelsgericht Wien aber zu dem Schluss, dass die Verjährung eingetreten ist, fällt zumindest die Irrtumsanfechtung weg. In den aktuellen Verhandlungen werden Stadler und Hameseder einvernommen; besonders fraglich ist, ob sie in der Zwischenzeit Vergleichsgespräche geführt haben, die die Verjährung unterbrochen hätten.

Dass das Verfahren schnell zu Ende geht, ist unrealistisch: „2013 wird sich ein Urteil erster Instanz nicht mehr ausgehen“, schätzt Aigner – überhaupt werde die Sache wohl erst in zweiter oder dritter Instanz entschieden. Auch ein Vergleich zeichne sich nicht ab, auch wenn die Stadt „für vernünftige Verhandlungen offen sei“ – seitens der Bank herrsche aber „Eiszeit“, so Aigner, der der Stadt am Donnerstag „gute Aussichten“ attestiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2013)

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