Wien: Aggressives Betteln nimmt zu

Aggressives Betteln nimmt zu
Aggressives Betteln nimmt zu(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Anzeigen wegen aufdringlichen und aggressiven Bettelns nahmen zu. Zuletzt gab es Aufregung um Männer, die Fensterscheiben von Autos putzen.

Wien. In den vergangenen Wochen hat man sie öfters auf den Straßen Wiens gesehen. Meist etwas verwahrlost wirkende Männer mit einem Putzlappen und einem Wasserzerstäuber in der Hand. Damit stehen sie vor Ampeln am Rand von stark befahrenen Straßen. Schaltet die Ampel auf Rot, gehen sie rasch zwischen den wartenden Autos hindurch und beginnen ungefragt die Autoscheiben zu putzen – in der Hoffnung, sich so ein paar Cent oder Euro für ihre Dienste zu verdienen. Sehr zum Unmut vieler Autofahrer.

Häufiger sind diese Fensterputzer beim Südtiroler Platz gesehen worden, auch ein paar Meter weiter entfernt, in der Laxenburger Straße/Ecke Sonnwendgasse, soll immer wieder jemand stehen. Ebenso in der Triester Straße und auf der Schönbrunner Straße. Ist das nun eine neue Form des Bettelns, die Wien erreicht hat?

„Nein“, lautet die Antwort, wenn man mit der Wiener Polizei spricht. „Wir haben das schon in den vergangenen Jahren gesehen“, sagt Sprecherin Adina Mircioane. Auch hätte man heuer kein vermehrtes Auftreten der Fensterputzer bemerkt. „Das ist saisonabhängig“, sagt sie. So könne der Eindruck entstehen, es wären mehr.

Im Bezirk Wien-Favoriten, in dem ein Großteil der betroffenen Straßen liegt, hat man von den Scheibenputzern heuer zum ersten Mal gehört. „Uns ist diese Form des Bettelns neu“, sagt Franz Jerabek, Büroleiter der Bezirksvorstehung. Als Problem will er die Bettler aber nicht sehen. „Die sind nur ein paar Mal (Südtiroler Platz, Anm.) dort gestanden“, sagt er. Beschwerden seitens der Bevölkerung hätte es nicht gegeben.

Aggressives Betteln Anzeigen
Aggressives Betteln Anzeigen(C) DiePresse

Ein altes Problem

Neu ist diese Form des Bettelns international gesehen tatsächlich nicht, eher sogar „veraltet“. In Ländern wie Spanien, Portugal oder Italien gehören die Autoscheibenputzer seit Jahren zum Alltag. In Portugal und Spanien sind auch „Einparkhilfen“ bekannt: Auf öffentlichen Parkplätzen stehen selbst beauftragte Lotsen, die Autofahrern – gegen Geld – den Weg in die Parklücke weisen.

In Wien rät die Polizei, kein Geld herzugeben. „Wenn sie kein Geld bekommen, dann hören sie auf“, sagt Mircioane. Außerdem sei es ratsam, die Fenster zu schließen, sich auf kein Streitgespräch einzulassen – und die Polizei zu rufen.

Denn auch das Fensterputzen ist als eine Form des Bettelns in Wien verboten. Erlaubt ist in der Bundeshauptstadt nur das „stille Betteln“, also das Sitzen am Straßenrand – was von Bettellobbyisten immer wieder kritisiert wird.

Beim Scheibenputzen riskieren die Betroffenen jedenfalls doppelt. Denn einerseits können sie wegen „gewerbsmäßiger Bettelei“ angezeigt werden – was eine Strafe von bis zu 700 Euro mit sich bringen kann – und andererseits wegen eines Verstoßes in der Straßenverkehrsordnung, was noch einmal 726 Euro Strafe bedeuten kann. Wie viele Bettler deswegen schon angezeigt wurden, sagt die Polizei nicht. „Wir führen keine eigene Statistiken dazu“, erklärt Mircioane.

Im Vergleich zum Vorjahr (Jänner bis Juni) haben die Anzeigen wegen Bettelei in Wien aber zugenommen, nämlich um 7,5 Prozent von 767 Anzeigen auf 825.

Grund dafür sind mehr Anzeigen wegen „aggressiven Bettelns“ (von 453 auf 512) und „Bettelns mit Kindern“. Letzteres wurde im vergangenen Jahr bis Juni 2012 nur zweimal angezeigt, heuer gab es bereits 17 derartige Anzeigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2013)

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