Chronologie: Vom "Protestmarsch" bis zur Abschiebung

Die Presse
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Die rund 60 Aslywerber, die sich ab November vor bzw. ab Dezember in der Wiener Votivkirche aufgehalten hatten, beschäftigten Monate die heimische Innenpolitik.

Mit der Abschiebung der ersten Aslywerber nach Pakistan fand die Causa nun einen vorläufigen Höhepunkt: Acht der Männer sollten noch am Montag von Wien-Schwechat abfliegen. Die APA bringt im Folgenden eine Chronologie der Geschehnisse:

  • 24. November 2012: Eine Gruppe von Asylwerbern macht sich per "Protestmarsch" vom niederösterreichischen Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen nach Wien auf. Zentrale Forderungen sind unter anderem einen Austausch sämtlicher Dolmetscher in Traiskirchen sowie bessere Verköstigung. Im Siegmund-Freud-Park vor der Votivkirche wird ein Zeltlager errichtet. Das "Protestcamp" bleibt in den nächsten Tagen stehen.
  • 18. Dezember 2012: Eine Gruppe von Asylwerbern begibt sich in die Votivkirche - nach einigem Hin und Her wird klar, dass sie diese nicht mehr verlassen. Die Polizei wird eingeschaltet, nachdem der Pfarrer nicht so recht weiß, wie er mit der Situation umgehen soll. Kurzfristig scheint eine Räumung in Diskussion zu stehen, diese wird aber abgeblasen, als sich die Erzdiözese Wien sowie die Caritas Wien einschalten. Motto: "Die Kirche ist ein Schutzraum."
  • 19. Dezember 2012: Die Aslywerber in der Votivkirche fordern ein Gespräch mit dem Innenministerium.
  • 21. Dezember 2012: Die Erzdiözese lädt zu einem "Runden Tisch" in der Causa, an dem Vertreter von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) und Staatssekretär Josef Ostermayer (S) sowie von Kirche, Caritas, Diakonie, UNHCR, amnesty international und der Aslywerber teilnehmen. Ergebnis: Die Caritas bietet Ersatzquartiere an - die Votivkirche ist eiskalt -, das Ministerium sagt zu, dass der Rechtsanspruch auf Grundversorgung jedes einzelnen "Asyl-Campers" noch einmal geprüft wird.
  • 23. Dezember 2012: Mehrere Aslywerber kündigen an, in Hungerstreik zu gehen.
  • 27. Dezember 2012: Nach den Weihnachtsfeiertagen halten sich rund 30 Personen in der Votivkirche auf, etwa die Hälfte von ihnen im Hungerstreik. Spannungen zwischen Unterstützern bzw. Aktivisten und den Betreuern von Caritas bzw. Johannitern zeichnen sich ab.
  • 28. Dezember 2012: Die Polizei räumt das Camp im Siegmund-Freud-Park in den frühen Morgenstunden. Proteste über Polizeiwillkür sind die Folge. Das Vorgehen wird jedoch später vom Unabhängigen Verwaltungssenat als rechtmäßig bewertet.
  • 31. Dezember 2012: Kardinal Christoph Schönborn besucht die Asylwerber in der Votivkirche
  • 2. Jänner 2013: Innenministerin Mikl-Leitner trifft mit vier Vertretern der Aslywerber zusammen. Konkretes Ergebnis gibt es keines, die Asylsuchenden verbleiben in der Votivkirche. Das Ministerium wiederum sieht den "Schlusspunkt" der Gespräche erreicht.

    In den folgenden Tagen stellen sich immer wieder prominente Unterstützer in der Kirche ein. Zugleich kommt es immer wieder zu Kritik an den Aktivisten rund um das "Refugee Camp". Vier Aslywerber werden - während sie sich nicht in der Kirche aufhalten - von der Polizei aufgegriffen und in Schubhaft gesteckt.
  • 22. Jänner 2013: Die Aslywerber beschließen, ihren Hungerstreik zu unterbrechen.

  • 28. Jänner 2013: Kardinal Schönborn übt harte Kritik an den Aktivisten rund um die Votivkirchen-Flüchtlinge. Diese würden "die Not der Flüchtlinge in der Votivkirche für ihre Ideologie missbrauchen".

  • 1. Februar 2013: Die Aslywerber nehmen den Hungerstreik wieder auf. Rund 60 halten sich in der Votivkirche auf.
  • 10. Februar 2013: Neun Mitglieder der rechten Gruppe der "Identitären Wiens" "besetzen" die Votivkirche. Ihren Protest gegen "Massenzuwanderung und Islamisierung" blasen sie indes nach einigen Stunden wieder ab.
  • 13. Februar 2013: Bundespräsident Heinz Fischer appelliert an die Aslywerber, in die von der Kirche angeboten Ausweichquartiere umzusiedeln.
  • 16. Februar 2013: Immer wieder gibt es Solidaritätsdemos für die Votivkirchen-Insassen. Jene am 16. Februar hat rund 2.000 Teilnehmer.
  • 18. Februar 2013: Die Aslywerber setzen ihren Hungerstreik aus.
  • 25. Februar 2013: Ein weiterer Asylwerber gerät in Schubhaft.
  • 28. Februar 2013: Bei einem Polizeieinsatz im Umfeld der Kirche wird ein weiterer Aslywerber festgenommen. Er trat in der Vergangenheit immer wieder als Sprecher der Gruppe auf. Rund 100 Unterstützer stehen der Polizei gegenüber. SOS Mitmensch spricht von "Jagdszenen", die Polizei von einer "routinemäßigen Kontrolle". Über den 33-Jährigen wird Schubhaft verhängt, da ein rechtskräftiger negativer Asylbescheid vorliegt.
  • 3. März 2013: Die Aslywerber ziehen von der Votivkirche ins Wiener Servitenkloster, wollen mit den Behörden kooperieren und bedanken sich bei Caritas und Johannitern für die Unterstützung. Kardinal Schönborn habe das "Gastrecht" zugesagt, so die Erzdiözese.
  • 5. März 2013: Der im Februar in Schubhaft gebrachte Aslywerber wird aus dieser entlassen. Als Grund wurde seitens der Behörden genannt, dass die Aslywerber gleichzeitig mit der Übersiedelung ins Kloster auch die Kooperation zugesagt haben. Da sie ihrer Melde- und Mitwirkungspflicht nachkommen, bestehe kein Grund mehr für die Aufrechterhaltung der Schubhaft.
  • 9. März 2013: Im Servitenkloster kommt es zu einer Schlägerei zwischen zwei Aslywerbern, Grund soll eine Nichtigkeit gewesen sein. Die Caritas verhängte für die beiden Männer ein befristetes Hausverbot.
  • 15. Mai 2013: Es wird bekannt, dass die Aslywerber Ende Juni aus dem Servitenkloster in eine neue Bleibe übersiedeln sollen. Grund sind Umbauarbeiten, wodurch ein Umzug der 63 Männer nötig wird.
  • 28. Juni 2013: Die Aslywerber beharren in einer Pressekonferenz auf einer gemeinsamen Lösung für ein Folgequartier, die Gruppe will zusammenbleiben. Die Übersiedelung in andere Einrichtungen hatte damals bereits begonnen.
  • 4. Juli 2013: Das Kloster bleibt nun doch bis Ende Oktober Quartier für die Votivkirchen-Aslywerber. Die Sanierungsarbeiten sollen erst danach und nicht wie ursprünglich geplant schon im Juli starten.
  • 26. Juli 2013: Die Polizei verordnet für mehr als 20 der im Servitenkloster gemeldeten Asylwerber das "gelindere Mittel" - diese Personen müssen sich nun täglich bei der Polizei melden. Betreuer der Betroffene üben heftige Kritik. Auch bei der Caritas Wien gab man sich "irritiert". Die Wiener Polizei versicherte dagegen auf APA-Anfrage, es handle sich um eine "ganz normale Maßnahme".
  • 28. Juli 2013: Zehn der Asylwerber werden festgenommen und ins Polizeianhaltezentrum an der Rossauer Lände gebracht. Eine Abschiebung der Pakistani dürfte unmittelbar bevorstehen, befürchtete die Caritas. Die Festnahmen erfolgten im Rahmen der zwei Tage zuvor verordneten täglichen Meldung.

    Kardinal Christoph Schönborn zeigte sich bestürzt: Er appellierte an Politiker und Behörden, von einer Abschiebung Abstand zu nehmen. Der Kardinal stellt sich auch die Frage nach einem Zusammenhang mit dem Nationalrats-Wahlkampf. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wies diese Vorwürfe zurück.
  • 29. Juli 2013: Die ersten acht der Votivkirchen-Aslywerber werden abgeschoben. Die acht Pakistani wurden aus dem Polizeianhaltezentrum in Richtung Flughafen gebracht und sollten im Laufe des Tages das Land verlassen. Eine Protest-Kundgebung vor dem Anhaltezentrum, an der zwischen 80 und 100 Personen teilnahmen, wurde in der Früh von einem massiven Polizeiaufgebot aufgelöst. Weitere Kundgebungen sind angekündigt (Zum Bericht).

(APA)

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