Betreuung: Angehörige tragen oft Last der Pflege

Betreuung Angehoerige tragen Last
Betreuung Angehoerige tragen Last(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka)
  • Drucken

Mehr als 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden daheim betreut. Die Caritas fordert nun einen Ausbau der mobilen Betreuung und eine Erhöhung des Pflegegeldes.

Wien/Amdu. ] Eva Ambros ist nun schon seit vier Jahren in Pension – Arbeit hat die Wienerin jedoch mehr als genug. Ihre Mutter ist 85 Jahre alt – und demenzkrank. „Sie war schon lange Zeit schwerhörig und konnte nicht gut sehen. Erst als ich im Blindeninstitut um Sehhilfe bat, wurde die Diagnose Demenz gestellt“, erzählt Ambros. Seit drei Jahren pflegt die Wienerin ihre Mutter bei sich zu Hause.

Laut Caritas Wien werden mehr als 80Prozent der pflegebedürftigen Menschen zu Hause von Angehörigen gepflegt. „Die medizinische Betreuung für meine Mutter ist gesichert. Was für mich mit der Zeit immer schwieriger wird, ist die Pflege“, sagt Ambros. Anfangs war die Pensionistin rund um die Uhr für ihre Mutter da, dann wurde es ihr aber zu viel. „Es ist sehr schwer zuzusehen, wie die Persönlichkeit eines Familienmitglieds verloren geht. Ich wurde durch die Krankheit meiner Mutter selbst depressiv“, sagt die Wienerin. Hilfe fand sie bei der Angehörigenberatung der Caritas Wien.

„Ich gehe alle vier bis sechs Wochen zur psychischen Betreuung. Die Beratung hilft mir sehr, mit der Pflegesituation umzugehen.“ Mittlerweile wird ihre Mutter tagsüber in einem Tageszentrum der Stadt Wien betreut. Die Pensionistin fühlt sich dadurch etwas entlastet. „Das Tageszentrum hilft meiner Mutter, soziale Kontakte zu bewahren“, sagt Ambros. „Sie wird dort beschäftigt, dadurch habe ich etwas Zeit für mich selbst.“

Caritas: „Pflegegeld erhöhen“

Laut Caritas sind fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung heute älter als 80 Jahre. Im Jahr 2050 werden es mehr als doppelt so viele sein. „Diese Zahlen machen eine Sache deutlich: Die nächste Bundesregierung wird wichtige Schritte setzen müssen, damit Österreich in Zukunft pflegefit bleibt“, sagt Caritas-Präsident Franz Küberl. Laut Pflegevorsorgebericht (2011) werden 53Prozent der Betroffenen zu Hause gepflegt – ohne professionelle Hilfe, weitere 29Prozent zumindest zusätzlich mithilfe mobiler Dienste. Die Betreuung im Pflegeheim erreicht nur 16Prozent. Eine 24-Stunden-Betreuung leisten sich nur zwei Prozent der Österreicher.

„Die Politik muss die Lücke, die zwischen den Angeboten der mobilen Dienste und der 24-Stunden-Betreuung klafft, endlich schließen“, sagt Küberl. „Pflege muss leistbar bleiben – und zwar für alle Menschen in diesem Land, unabhängig von Einkommen und sozialem Status.“ So fordert die Caritas zum einen, dass der Pflegefonds über das Jahr 2016 hinaus verlängert wird, zum anderen eine Erhöhung des Pflegegelds – dieses sei zuletzt Anfang 2009 angehoben worden, der reale Wertverlust betrage bereits 29Prozent.

Neben dem Thema Betreuung versucht die Caritas auf das Thema Demenz aufmerksam zu machen. „Die Zahl der Demenzkranken wird derzeit in Österreich auf 120.000 Menschen geschätzt“, sagt Michael Landau, Leiter der Caritas Wien. Nach wie vor wird über Demenz nicht offen geredet, viele halten es für ein Tabuthema, meint Eva Ambros. „Demenz ist eine schwere Krankheit, die in der Gesellschaft viel zu wenig thematisiert wird.“ Dem will die Caritas nun durch Pflegetage, an denen Pflegebedürftige und deren Angehörige im Mittelpunkt stehen, begegnen. „Die Angehörigen benötigen dringend leistbare Entlastungsdienste, sonst treiben kranke Menschen ihre Angehörigen noch in die Isolation“, sagt Küberl.

Das Sozialleben von Eva Ambros hat sich seit der Krankheit ihrer Mutter radikal verändert. Über ihre Situation beschwert sich die Pensionistin jedoch nicht. „Man versucht, die Familie nicht noch zusätzlich mit den eigenen Sorgen zu belasten. Von heute auf morgen kann jeder ein Pflegefall werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.