Trafiken kämpfen um ihr Überleben

Trafiken
Trafiken (c) APA (ROBERT JAEGER)
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Vor allem kleine Geschäfte in Wohngebieten sind vermehrt unrentabel. Mit Prämien sollen sie nun zum Zusperren motiviert werden, um das Netz auszudünnen.

Die Greißler hat es schon erwischt. Nun könnte es auch eine zweite Institution der Nahversorgung treffen: Die Zahl der Tabaktrafiken ist in Österreich zuletzt deutlich zurückgegangen. Gab es etwa im Jahr 1997 noch bundesweit 3228 Tabakfachgeschäfte, so sind es heuer nur mehr ungefähr 2600. Gleich von einem Trafikensterben zu sprechen, ginge wohl noch zu weit – doch klar ist, dass der Markt für Trafiken in den vergangenen Jahren nicht unbedingt leichter geworden ist.

Rauchverbote in der Gastronomie und zahlreiche Kampagnen, die die gesundheitsschädliche Wirkung des Rauchens in den Mittelpunkt stellen, können allerdings nicht allzu viel dafür. Denn die Zahl der in Österreich gekauften Zigaretten ist mit jährlich rund 13 Milliarden Stück schon seit Jahren weitgehend konstant. Schuld ist vielmehr das Einkaufsverhalten der Österreicher, beklagt die Tabakmonopolverwaltung, die für die Vergabe der Trafiken zuständig ist.

„Die Menschen kaufen gleich beim Großeinkauf im Einkaufszentrum ihre Zigaretten“, sagt Geschäftsführerin Tina Reisenbichler, „und gehen nicht zum Nahversorger.“ Was zwar für Tabaktrafiken in diesen Zentren ein Vorteil ist, doch für viele kleine Geschäfte in Wohngebieten ein Problem. Dazu komme, dass auch viele Unternehmen aus Kostengründen an den Stadtrand gesiedelt sind – und den kleinen Trafiken in der Stadt, in denen früher in der Mittagspause Zigaretten gekauft wurden, damit einiges an Kundenfrequenz verloren geht.

Dass es für Trafiken in den vergangenen Jahren enger wurde, hat allerdings auch noch andere Gründe. 2001 senkte die Post die Provision für Briefmarken von sieben auf drei Prozent – viele verkaufen daher gar keine Marken mehr. Mit der Einführung des Euro folgte 2002 das Ende der Stempelmarke. Und schließlich fiel 2007 auch die Einfuhrbeschränkung für Zigaretten aus dem Ausland – statt 200 Stück dürfen seither 800 Stück aus EU-Ländern eingeführt werden. Versuche, Kunden mit zusätzlichen Angeboten in die Trafik zu locken, gab es einige – vom Nebengeschäft mit Billets, Parkscheinen und Autobahnvignetten bis zu Versuchen mit Bücherverkauf. Doch all das reicht nicht, um mehr Kunden anzulocken – und für den Umsatz spielt es sowieso nur eine geringe Rolle. Etwa 80 Prozent des Umsatzes kommen über den Tabak, heißt es bei der Monopolverwaltung, mit etwa 15 Prozent ist Lotto ein zweites Standbein, dazu kommt das Geschäft mit Zeitungen und Magazinen.

Prämie fürs Zusperren

Um die Situation für die Trafiken zu verbessern, hat die Monopolverwaltung nun eine radikale Maßnahme gestartet: Trafikanten mit schlechten Umsätzen werden dazu ermutigt, ihr Geschäft zu schließen. Liegt der Umsatz unter 500.000 Euro brutto pro Jahr, können die Inhaber eine Prämie beantragen, wenn sie zusperren. Bis zu 40.000 Euro Prämie kann ein Trafikant aus einem Fonds der Tabakindustrie bekommen. Der Gedanke dahinter: Gibt es weniger Trafiken, sind die übrig gebliebenen wirtschaftlich lebensfähig. „In ganz Österreich müssen wir um etwa 150 bis 200 Trafiken reduzieren“, sagt Tina Reisenbichler. In Wien will man von derzeit 713 Trafiken auf etwa 650 kommen.

Zwar beruht die Maßnahme auf Freiwilligkeit, soll niemand zum Zusperren gezwungen werden, doch in der Vertretung der Trafikanten in der Wirtschaftskammer ist man über die Schließungsprämie nicht erfreut. Bundesgremialobmann Peter Trinkl spricht gar von einer „Sterbeprämie“, die dem Umfeld nicht hilft: „In Ballungszentren wie Wien mag das helfen, aber auf dem Land, wenn die nächste Trafik 20 Kilometer entfernt ist, bringt das nichts.“ Er plädiert für einen Solidaritätsfonds für Trafikanten in Problemzonen – etwa in grenznahen Gebieten. Einen solchen gab es schon, doch lief er im Vorjahr aus. Und wurde nicht wieder befüllt.

Auf einen Blick

Geschichte: 1784 rief Kaiser Joseph II. das Tabakmonopol ins Leben. Anbau, Herstellung und Import von Tabak sollten dem Staat vorbehalten bleiben – und der Verkauf sollte durch Kriegsversehrte und Soldatenwitwen erfolgen. Sie eröffneten die ersten Trafiken. Noch bis heute erfolgt die Vergabe durch die Monopolverwaltung – vornehmlich an Menschen mit Behinderung.

Aktuelle Lage: In ganz Österreich gibt es derzeit noch rund 2600 Tabaktrafiken. Weil viele, vor allem kleinere Geschäfte nicht genug Umsatz zum Überleben haben, will die Monopolverwaltung das Netz ausdünnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2013)

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