Große Missstände in Asylquartieren

Schimmel in Sanitäranlagen.
Schimmel in Sanitäranlagen. (c) Dossier
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79 der organisierten Asylquartiere in Niederösterreich, Salzburg und Burgenland hat sich die Rechercheplattform "Dossier" angesehen - und zum Teil verschimmelte Zimmer, Diskriminierung und mangelnde Verpflegung gefunden.

Ein Drittel aller Asylquartiere in den Bundesländern Niederösterreich, Salzburg und Burgenland weisen große Missstände auf. Das ist eines der Ergebnisse der Recherche-Plattform "Dossier", die sich in den vergangenen sieben Monaten 98 der organisierten Asylunterkünfte in Niederösterreich, Salzburg und dem Burgenland angesehen hat - in 79 wurden sie auch tatsächlich eingelassen.

So stießen die Journalisten rund um Ex-"Presse"-Mitarbeiter Florian Skrabal auf menschenunwürdige und gesundheitsgefährdende Situationen. Überbelegte Zimmer (vier Menschen auf 15 Quadratmetern), Häuser, in denen Strom und Heizung rationiert wurden, aber auch so schwerer Schimmelbefall, dass ein herbeigezogener Schimmelexperte meinte, man müsse das Haus sofort schließen, erzählt Skrabal. Hinzu kämen uralte, zerrissene und verschimmelte Matratzen, mangelhafte Verpflegung, Diskriminierung und Fälle, in denen das Taschengeld einfach einbehalten wurde. Etwa 800 Kinder, Frauen und Männer seien von diesen schlechten Zuständen betroffen.

Im Gegensatz dazu würden rund zwei Drittel, also 1500 der rund 2300 Asylwerber, in "guten" Unterkünften leben oder in welchen mit "weniger Mängeln".

Missstände geduldet?

Laut Skrabal hätten die Länder über Jahre hinweg verabsäumt, Kontrollen durchzuführen oder diese Missstände sogar geduldet. Insgesamt seien die Aslyheime, die von NGOs geführt werden, in einem besseren Zustand als jene, die von Privatpersonen geführt werden. "Weil letztere gewinnorientiert geführt werden", sagt Skrabal.

Ein Privater bekommt etwa pro Asylwerber maximal 19 Euro am Tag. Um zu sparen, wird "überall im alltäglichen Leben ein Scheibchen abgeschnitten." Beim Strom, bei der Heizung, bei der Qualität des Essens.

Aber auch positive Beispiele unter den privaten Betreibern fand Dossier in den Recherchen. Engagierte Männer und Frauen, die "mit demselben Budget gute bis sehr gute Lebensbedingungen für schutzbedürftige Menschen aus dem Ausland bieten", heißt es in einer Aussendung.

Burgenland am schlechtesten abgeschnitten

Im Bundesländer-Vergleich hat das Burgenland am schlechtesten abgeschnitten. So befinden sich im Dossier-Ranking drei der fünf schlechtesten Unterkünfte im Burgenland (Platz 1 in Pama, Platz 3 in Stinatz, Platz 5 in Aschau); Platz 2 und 4 wiederum liegen in Niederösterreich (Grimmenstein und Muthmannsdorf).

Umgekehrt wurden in Niederösterreich auch die besten Asylunterkünfte ausgemacht. Platz 1 befindet sich etwa in Schwechat, Platz 2 in Wilhelmsburg, Platz 3 in Neudörfl (Burgenland), Platz 4 in St. Pölten und Platz 5 in Saalfelden (Salzburg).

Den Zutritt zu den 79 Unterkünften haben sich die Jungjournalisten hinter dem Rücken der Betreiber verschafft (diese wurde erst im Nachhinein mit den Recherche-Ergebnissen konfrontiert). "Die meisten Asylwerber gehen zum Penny-Markt", sagt Dossier-Chef Skrabal, dort habe man mit vielen das Gespräch gesucht. Mit Sahel Zarinfard gibt es auch eine Dossier-Mitarbeiterin, die Farsi spricht. Die Häuser habe man nur auf Einladung der Asylwerber betreten.

Die Dusche in einer Unterkunft in Hadersdorf (Niederösterreich).
Die Dusche in einer Unterkunft in Hadersdorf (Niederösterreich).(c) Dossier.at

Fotos, Statistiken und Videos online

Für ihre Recherchen haben die Journalisten der Plattform mit 200 Asylwerbern gesprochen, mehr als 4200 Fotos gemacht und rund 56 Stunden Videomaterial aufgenommen. Die Ergebnisse sind ab heute, Donnerstag, auf www.dossier.at zu finden. Eine interaktive Karte zeigt etwa die Größe der Asylquartiere nach Farben. Es wurde ein Kriterienkatalog angelegt mit Punkten wie Lage und Infrastruktur, Umgang mit den Asylwerbern (basierend auf deren Aussagen) oder Art der Versorgung. Weiters gibt es Fotos von den Zimmern, Interviews mit den Bewohnern sowie in den meisten Fällen eine Stellungnahme des Betreibers.

Zusätzlich sendet ServusTV heute (Donnerstag) um 23.25 Uhr mit „Im Abseits. Flüchtlingsleben in Österreich" eine Dokumentation über die Recherche. Sie wird ab Mitte November auch auf www.dossier.at zu finden sein.

Link:
>> dossier.at/asyl

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