Bescheid: Polizei behandelte Asylwerber "unmenschlich"

In Graz musste ein Nigerianer bei einer Durchsuchung seine Unterwäsche ausziehen, später wurde er gefesselt. "Länger als nötig" sagt der Unabhängige Verwaltungssenat.

Der steirische Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) hat im Fall der Festnahme eine Asylwerbers durch die Grazer Polizei entschieden, dass die Behandlung zum Teil "unmenschlich" war: Der Afrikaner hatte seine Unterhose ausziehen müssen, was nun als "unverhältnismäßig" eingestuft wurde. Außerdem war der 33-Jährige im Krankenhaus länger als nötig gefesselt und in Bauchlage.

Der 33-jährige Verkäufer der Grazer Straßenzeitung "Megaphon" war im Juni am Grazer Hauptbahnhof festgenommen worden, weil er nach Nigeria abgeschoben werden sollte. Sein Asylverfahren war rechtskräftig beendet worden.

Mit Heftklammer selbst im Gesicht verletzt

Die Festnahme selbst war ruhig verlaufen. Sogar die Unterhose zog der Mann aus, was laut UVS jedoch nicht verlangt hätte werden dürfen: "Es gab keinen Hinweis auf Suchtmittel bzw. dass der Beschwerdeführer mit Drogen handelt", heißt es in der Entscheidung. Als das Gespräch auf die Abschiebung kam, war der Wirbel losgegangen. Der 33-Jährige dürfte sich im Zuge dessen selbst mit einer Heftklammer im Gesicht mehrmals verletzt haben. Das erachtet der UVS als erwiesen, weshalb der Vorwurf der Körperverletzung durch die Polizei vom Tisch ist.

Nach dem Tumult auf der Polizeiinspektion war der Nigerianer gefesselt worden. Die Fixierung sowie die Bauchlage seien zwar laut UVS vertretbar gewesen, jedoch nicht mehr im Krankenhaus, wo der Asylwerber untersucht werden sollte. Die Verwahrung in dieser Form sei nur zulässig, wenn "unbedingt erforderlich" und "auf die kürzestmögliche Zeitspanne beschränkt". Da der Nigerianer etwa 45 Minuten im UKH in Bauchlage und "mit Beingurt und Handfessel am Rücken verharren musste", wurde der Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt. Dieser verbietet u.a. unmenschliche Behandlung.

Bescheid ändert nichts an möglicher Abschiebung

"Es kam durch das Vorgehen des Beamten zu einer gröblichen Missachtung des Beschwerdeführers als Person, da auch eine festgenommene Person das Recht hat, medizinisch behandelt zu werden", stellte der Senat fest. Trotz der Entscheidungen des UVS hat der Nigerianer keinen Aufenthaltsstatus in Österreich und könnte jederzeit abgeschoben werden.

(APA)

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