Kinderpornoring aufgeflogen: 63 Verdächtige in Österreich

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Die kanadische Polizei hob ein weltweites Netzwerk von Produzenten und Kunden aus. Die Ermittlungen dauerten drei Jahre.

Wien/Toronto. An Beweisstücken mangelt es wahrlich nicht. Im Rahmen einer von Kanada aus gesteuerten Operation gegen einen internationalen Kinderpornoring gingen den Ermittlern nun auch in Österreich 63 Verdächtige ins Netz. Am Freitag wurde bekannt, dass die Beamten allein hierzulande 2300 Festplatten, USB-Sticks und DVDs beschlagnahmten. Darauf gespeichert: 300.000 Fotos und Videos von sexuell missbrauchten Kindern.

Ihren Ursprung hat die Operation „Spade“ (Spaten), die vor über drei Jahren begonnen hat, in Toronto. In einem Internetforum lernen verdeckte Ermittler der kanadischen Polizei einen Mann kennen, der über eine Website ganz offiziell verdächtiges, aber nach kanadischem Recht nicht unbedingt illegales Filmmaterial anbot. Im Angebot standen Videos, die leicht bekleidete Kinder beim Sport oder bei der Arbeit zeigen, explizit sexuelle Handlungen sind nicht zu sehen. Ausschnitte dieser Videos sind bis heute auf YouTube zu finden. In Internetforen verteidigen sich Kunden des 42-jährigen Hauptverdächtigen sogar damit. Ihre Argumente: Zwielichtig? Vielleicht. Verboten? Niemals!

Doch die Ermittler hatten längst Verdacht geschöpft, begannen, mit der amerikanischen Post zu kooperieren. Schnell stellte sich heraus: Neben der mehr als zweifelhaften, aber formal legalen Verkaufsschiene, betrieb Brian W. aus Toronto unter der Hand einen weltweiten Handel mit Kinderpornos. Insgesamt nahm er damit im Lauf der Jahre mehr als drei Millionen Euro ein.

„Schreckliche Übergriffe“

Teilweise verschickte er Filme und Fotos per Post, bot das meiste Material aber im Internet zum Download an. 2011 fand bei ihm eine Hausdurchsuchung statt. Was die Beamten in den Betriebsräumen fanden, hatte wenig mit dem zu tun, was W. offiziell anbot. Ermittlungsleiterin Joanna Beaven-Desjardins: „Unsere Beamten fanden hunderttausende Fotos und Videos, die schreckliche sexuelle Übergriffe gegen zum Teil sehr junge Kinder zeigten. Die schrecklichsten, die unsere Mitarbeiter vielleicht jemals beobachtet haben.“

Heute weiß man, dass die jüngsten Opfer zum Zeitpunkt ihres Missbrauchs gerade einmal fünf Jahre alt gewesen sind. Um das beschlagnahmte Material von seiner Menge her zu erfassen, dauerte es vier Tage. Insgesamt waren es 45Terabyte an Daten.

Im Lauf der folgenden Monate durchforsteten die kanadischen Beamten W.s Lieferanten- und Kundendatenbank. Und sie fanden dabei, was sie suchten. Bis zum gestrigen Tag nahmen Fahnder in 94 Ländern weltweit 348 Personen fest. Unzählige mehr wurden auf freiem Fuß angezeigt. So wie auch die 63 Österreicher, die bei W. einkauften, selbst aber kein Material produzierten.

Netzwerk aus Zulieferern

Die Filme und Fotos sollen laut aktuellen Erkenntnissen der Ermittler vor allem in Nordamerika und Osteuropa entstanden sein. W. soll seine Zulieferer dafür bezahlt haben. Aus diesem Grund beschuldigen ihn die Behörden nicht nur der Herstellung von Kinderpornografie, sondern auch, Kopf einer kriminellen Organisation zu sein.

Unter W.s Zulieferern befinden sich viele Personen aus Berufen, die professionell mit Kindern zu tun haben. Darunter auch Lehrer, Ärzte und Sporttrainer. (awe)

KURZ & KNAPP

Operation Spade (bedeutet Spaten) begann im Oktober 2010 in Kanada. Der Polizei aus Toronto fiel ein Mann auf, der mit fragwürdigen, aber doch legalen Filmen handelte, die leicht bekleidete Kinder zeigten. Die Ermittler begannen nachzuforschen – und wurden fündig. Bei einer Hausdurchsuchung 2011 wurde umfangreiches Material sichergestellt. Kriminaltechniker rekonstruierten die Lieferanten- und Kundenkartei des Hauptverdächtigen. So kamen sie auch österreichischen Kunden auf die Spur.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2013)

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