Palais Fürth: Krimi um eine Erbschaft

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Das Palais Fürth in Wien wurde auf dem Weg der Restitution den rechtmäßigen Erben zuerkannt und später von diesen verkauft. Einer der Beteiligten wurde als Betrüger verurteilt.

Wien. „Drei Jahre Freiheitsstrafe.“ Dieses Urteil ist – vorläufig – das letzte Kapitel einer bis in die Zeit des Nationalsozialismus reichenden Geschichte. Es ist die Geschichte einer jüdischen Familie und die Geschichte einer herrschaftlichen, mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Immobilie, nämlich des in den 1880er-Jahren erbaute Palais Fürth in Wien-Josefstadt, Schmidgasse 14.

Das Palais beherbergte bis in die 1930er-Jahre ein privates Sanatorium für Gynäkologie. Nach dem Einmarsch der Nazis begingen die Eigentümer, der Arzt Lothar Fürth und seine Frau Susanne, im April 1938 Suizid. Ein Kurator verkaufte die Liegenschaft an die deutsche Wehrmacht.

Ein Teil des Erlöses ging an die Gläubiger des Ehepaars Fürth, ein anderer Teil floss dem Deutschen Reich zu. Später kam das Palais in den Besitz der Republik Österreich. Viel später, am 15. November 2005, bejahte die Schiedsstelle des Entschädigungsfonds die Rückgabe an die Erben der Familie Fürth.

Verurteilter schrieb Buch

Eine Frau, Mitglied der Erbengemeinschaft, bekam ein Zwölftel der Immobilie zugesprochen. Die Frau war im Verfahren durch ihren Sohn vertreten. Später hieß es: Der Sohn habe die Republik Österreich betrogen. Dieser Sohn ist kein Unbekannter, es handelt sich um den Publizisten Stephan Templ. Dieser hat als Ko-Autor ein viel beachtetes Buch geschrieben. Titel: „Unser Wien – ,Arisierung‘ auf österreichisch“.

Templ (53) habe, so entschied die vorsitzende Richterin, Sonja Weis vom Straflandesgericht Wien, am 25. April dieses Jahres, „im Zeitraum 24. November 2005 bis 28. Dezember 2005 in Wien als bevollmächtigter Vertreter seiner Mutter“ die Schiedsinstanz für Naturalrestitution und auch das Wirtschaftsministerium getäuscht.

Er habe nämlich diese Stellen dazu verleitet, ein Zwölftel der Liegenschaft an seine Mutter zu übertragen. Dabei habe der Publizist der Schiedsstelle „vorgespiegelt“, seine Mutter sei die einzige Tochter jenes Erbenehepaares, für das sich Templ einsetzte. Tatsache ist: Es gibt noch eine zweite Tochter. Diese – es handelt sich um Templs Tante – sei laut Gericht verschwiegen worden.

Schaden für Österreich?

Der Verurteilte meint nun: „Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung, andere mögliche Antragsteller zu nennen, die weiteren 38 Antragsteller nannten auch keine.“ Und: Die Schiedsinstanz sei verpflichtet gewesen, den Antrag der Mutter zur Überprüfung an die Republik Österreich zu senden. „Die Schiedsinstanz ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen.“ Ferner sei er unter Zeitdruck gestanden, da die ursprüngliche Antragsfrist abgelaufen war und sein Antrag im Rahmen einer vom Gesetzgeber gewährten Fristverlängerung zur Bearbeitung anstand.

Der Schaden beträgt laut Urteil 550.000 Euro. Wieso ausgerechnet diese Summe? Das ist leider ein bisschen kompliziert. Nach der Rückgabe an die Erben ließen diese das Palais an einen privaten Immobilienentwickler verkaufen und erhielten anteilsmäßig den Verkaufserlös. Templs Mutter bekam für den ihr zugesprochenen Zwölftel-Anteil 1,1 Millionen Euro. Hätte der Bund von der „nicht erwähnten“ Tante gewusst, hätte Templs Mutter nur die Hälfte, 550.000 Euro, ausbezahlt bekommen. Daher heißt es im Urteil: Der Angeklagte und seine Mutter hätten sich um die zweite Hälfte (also 550.000 Euro) unrechtmäßig bereichert. Und den Bund „in diesem Umfang am Vermögen geschädigt“. Daher die drei Jahre Gefängnis. Wegen schweren Betrugs. Die Strafe ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Templ kämpft mittels Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (diese Papiere sowie das schriftliche Urteil liegen der „Presse“ vor) gegen den Gerichtsentscheid an.

Die Feststellung, die Republik sei geschädigt worden, mutet abstrakt an. Gut, man könnte fragen: Wie hätte der Bund vor Rückgabe der Immobilie mit Anteilen umgehen sollen, für die es zwar Erben gab – Erben, die aber gar keinen Rückgabeantrag gestellt hatten?

Diese Anteile, so könnte man einwenden, seien vorerst beim Bund verblieben. Schlussfolgerung: Wer unrechtmäßig auf solche Anteile greift, schädigt den Bund. Man könnte aber auch sagen: Das gesamte Palais sei sowieso für eine (restlose) Aufteilung unter den aktiven Erben vorgesehen gewesen. Dem Bund sei daher nichts entgangen. Für das Gericht zählte der Umstand, dass das Gebäude zum Zeitpunkt der (laut Urteil) begangenen Täuschung noch öffentliches Eigentum war.

Übrigens: Templs Tante – die beiden haben einander mehr als 25 Jahre nicht gesehen – hat mittlerweile von ihren Ansprüchen erfahren. Templ bzw. seine Mutter wollen aber nicht teilen; das Verhältnis zur Tante sei „nicht friktionsfrei“. Ob die Verurteilung hält, wird die zweite Instanz weisen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2013)

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