Missbrauch: Wien-Heime öfter betroffen als Kirche gesamt

(c) Michaela Bruckberger
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Forderungen an Staat und Kirche. Aktuell wurden 1259 Entscheidungen der Opferschutzkommission getroffen. Die Opfer kommen aus ganz Österreich.

Wien. Wenn Rechtsanwalt Georg Zanger bei einem Pressegespräch unter den Zuhörern sitzt und auch das Wort ergreift, könnte für die vor den Mikros Sitzenden Feuer am Dach sein. Nicht so am Dienstag. „Ich ziehe meinen Hut vor ihnen. Ich hatte sehr starke Bedenken, bin aber von der großartigen Arbeit beeindruckt.“ So lobte Zanger die Tätigkeit von Waltraud Klasnic und deren Opferschutzkommission.

Kardinal Christoph Schönborn hatte angesichts des Bekanntwerdens von Fällen sexueller Gewalt vor dreieinhalb Jahren die frühere steirische Landeshauptfrau mit dieser Funktion betraut. Klasnic ihrerseits betonte bei der Präsentation der in Buchform („Missbrauch und Gewalt“, Leykam Verlag) erschienen Erfahrungen: „Der Kampf gegen Missbrauch und Gewalt ist eine Daueraufgabe.“ Aktuell wurden 1259 Entscheidungen der Opferschutzkommission getroffen. Die Opfer kommen aus ganz Österreich, waren in katholischen Ordensschulen oder Internaten untergebracht und erhalten von der katholischen Kirche Therapiestunden und „Entschädigungszahlungen“. Zum Vergleich: Allein die Stadt Wien hat bisher 1320Opfer entschädigt. Dabei ist in den Ländern, die selbst Träger von Einrichtungen sind, die Aufarbeitung lange nicht so weit gediehen wie in der Kirche. Kärnten bildet erst jetzt eine Kommission. Gewalt gegen Kinder und sexueller Missbrauch sind ein trauriges gesellschaftliches Problem, wie Klasnic betonte. Ihre Forderungen: österreichweite Präventionsplattform, Opfer-Hotline, Zivilcourage fördern (hin- statt wegschauen) – und öffentliches Schuldbekenntnis der Institutionen. (d.n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2013)

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