Österreichs Muslime strenger religiös

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Zurück zu den Wurzeln, religiöse Regeln über weltlichen - in einer Befragung von Muslimen und Christen in sechs Ländern weisen heimische Muslime hohe Werte auf.

Wien. Muslime sind fundamentalistischer eingestellt als Christen. Und Österreichs Muslime sind besonders streng. Das sind zwei Ergebnisse einer Studie, die Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) kürzlich publizierte. So werden 55 Prozent der in der Studie befragten österreichischen Muslime als „konsistente Fundamentalisten“ bezeichnet, während der Durchschnitt bei Muslimen in allen sechs Ländern bei nur 44 Prozent liegt.

Als „konsistent fundamentalistisch“ eingestuft werden Befragte dann, wenn sie drei Formulierungen zustimmen. Dass nämlich erstens die Gläubigen zu den Wurzeln ihres Glaubens zurückkehren sollten, dass es zweitens nur eine Auslegung der jeweiligen heiligen Schrift – also Bibel und Koran – gibt und dass drittens die religiösen Regeln dieser Schrift wichtiger sind als die Gesetze des Landes.

Befragt wurden 9000 Personen, bestehend aus Menschen mit türkischem und marokkanischem Migrationshintergrund und einer einheimischen Vergleichsgruppe. Allerdings musste man bei der Auswahl der Befragten in Österreich – so wie auch in Schweden – auf Marokkanischstämmige verzichten, da es schlicht zu wenig dafür gibt. In diesen Fällen wurden nur türkischstämmige Menschen befragt. Und eine weitere Einschränkung: Die nun vorgelegten Zahlen sind bereits fünf Jahre alt – die telefonischen Interviews wurden bereits 2008 durchgeführt und sind erst jetzt vollständig ausgewertet.

Religiöse Gesetze wichtiger

Ein Kernergebnis der Studie ist, dass Muslime stärker zu Fundamentalismus tendieren als Christen. So halten 65 Prozent der befragten Muslime in allen sechs Ländern religiöse Gesetze für wichtiger als weltliche Regeln – bei Christen liegt der Wert bei 13 Prozent. 75 Prozent der befragen Muslime glauben, dass es nur eine mögliche Auslegung des Koran gibt, bei den Christen halten 20 Prozent nur eine Auslegung der Bibel für möglich. Schließlich stimmen 60 Prozent der Muslime der Aussage zu, dass man „zu den Wurzeln des Islam zurückkehren“ sollte, während bei den Christen nur 20 Prozent eine Rückkehr befürworten.

In Österreich liegen die Werte über dem Durchschnitt. Hier stellen 73 Prozent der Muslime die Regeln des Koran höher als die Gesetze Österreichs und 79 Prozent sehen nur eine Auslegung der heiligen Schrift – bei den Christen sagen das in Bezug auf die Bibel 13 bzw. 18 Prozent. Und: 65 Prozent der Muslime wollen zu den Wurzeln des Glaubens zurückkehren (bei den Christen:  27 Prozent).

Bei Muslimen ortet Studienautor Ruud Koopmans auch eine höhere Fremdengruppenfeindlichkeit – und auch hier liegt Österreich über dem Schnitt. So stimmen 45 Prozent der befragten Muslime der Aussage zu, dass man Juden nicht trauen kann – in Österreich sind es 63 Prozent. (Allerdings liegen auch die österreichischen Christen mit 11 Prozent Zustimmung über dem Wert der anderen Länder.) Auch die Ablehnung von Homosexuellen als Freunde ist bei den befragten Muslimen (fast 60 Prozent) deutlich stärker ausgeprägt als bei Christen (13 Prozent) –  wiederum sind die Werte in Österreich (Muslime 69, Christen 15 Prozent) höher.

Studienautor Koopmans zieht den Schluss, dass Fundamentalismus und Fremdenfeindlichkeit unter Muslimen relativ höher ist – es handle sich in Westeuropa aber nur um eine relativ kleine Bevölkerungsminderheit. Die Mehrheit der Homophobiker und Antisemiten, resümiert der Wissenschaftler, seien in absoluten Zahlen aber Einheimische.

Links:
>> Eine Zusammenfassung in deutscher Sprache (PDF)
>> Details zur Studie (englisch; PDF)

(eko/APA/red.)

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