Zu viele Flugretter: Folgt nun die Ausschreibung?

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Die Eskalation zwischen den Anbietern könnte durch einen zentralen Flugdienst gelöst werden. Für das Land Tirol ist das „eine Option, die im Raum steht“.

Es brauchte zwar buchstäblich ein paar Extrarunden in der Luft, vor allem vom streitbaren Unternehmer Roy Knaus (Heli Tirol) und seinem Medicopter Martin 7, aber die Tiroler Flugrettung steuert nun endgültig auf eine europaweite Ausschreibung zu. Eine solche war im 2009 beschlossenen Rettungsdienstgesetz ohnehin vorgesehen, das Land schrieb 2010 aber lediglich die bodengebundene Rettung aus.

„Durch die hohe Dichte an Rettungshubschraubern in Tirol ist ein Wildwuchs entstanden. Der zuletzt eskalierte Streit um den Heli-Stützpunkt in Mayrhofen ist ein gutes Beispiel dafür“, sagt Klaus Mayramhof, ehemaliger Direktor des Landesrechnungshofs und Vergaberechtsexperte. „Für das Land ist es an der Zeit, dieses Thema anzugehen und eine vernünftige Lösung herbeizuführen. Dazu ist zunächst eine Bedarfserhebung nötig, um herauszufinden, wie viele Hubschrauber Tirol tatsächlich benötigt, und so dem Bundesvergabegesetz Rechnung zu tragen.“ Seiner Einschätzung nach gibt es in Tirol „eher zu viel als zu wenig“ Rettungshubschrauber. Das habe auch der Bundesrechnungshof vor einiger Zeit befunden. Eine Ausschreibung könnte das Problem lösen.

Alle gegen Knaus

Derzeit sind im Winter 15 Rettungshubschrauber im Einsatz. 2012 hatte das Land eine Vereinbarung mit allen Flugrettungsbetreibern geschlossen. Einsätze bei medizinischen Notfällen sind für Patienten seither kostenlos. Das Land zahlt 1,6Millionen Euro für die Grundversorgung aus der Luft, pro Flug sind das rund 750 Euro. Weitere 950Euro kommen von der Krankenkassa. Die Kosten für Transporte nach Sport- und Freizeitunfällen müssen die Versicherungen der Verletzten bzw. sie selbst tragen.

Als „eine Option, die im Raum steht“, bezeichnet man eine Ausschreibung im Büro des Gesundheitslandesrats Bernhard Tilg (ÖVP). Zunächst wolle man sich aber noch einmal mit allen Unternehmern an einen Tisch setzen und über eine Einigung ohne Ausschreibung sprechen. Schließlich habe die Grundversorgung bis zu dem Konflikt in Mayrhofen sehr gut funktioniert. Und noch habe niemand die Flugrettungsvereinbarung mit dem Land aufgelöst – obwohl dieser Schritt von der ÖAMTC-Flugrettung und Schider Helicopter Service mehrmals angedroht wurde.

Als Grund dafür nennen sie die Inbetriebnahme des Hubschraubers Martin 7 von Roy Knaus am 27.Dezember in Mayrhofen, die „leise, still und heimlich an allen Behörden vorbei“ erfolgt sei. Bereits wenige Tage später wurde der Flugplatz des Sanitätssprengels von der Bezirkshauptmannschaft aus Sicherheitsgründen gesperrt, was Knaus als „Willkürakt der höheren Politik des Landes“ bezeichnet. Die Vorwürfe gegen ihn seien Nebelgranaten, die das Ziel hätten, keine neue Konkurrenz zuzulassen.

Das Land begründet die Behördenentscheidung damit, dass Heli Tirol im Sicherheitsbereich des Flugplatzes in Eigenregie und „ohne jegliche Abstimmung mit den Verantwortlichen“ eine Fläche aufgeschottert habe, um von dort aus Rettungseinsätze durchzuführen. Die mögliche Staubentwicklung und das Aufwirbeln von Steinen könnten zu Gefahren führen. Darüber hinaus wurde ein Strafverfahren gegen Knaus' Unternehmen wegen des Verdachts der Übertretung nach dem Luftfahrtgesetz eingeleitet.

Als Reaktion darauf „wartete“ Knaus mit seinem Hubschrauber Martin 7 teilweise in der Luft auf Einsätze im Zillertal, woraufhin das Land die Leitstelle aufforderte, künftig keine kreisenden Hubschrauber mehr zu disponieren. Die Anweisung wird seit vergangenem Donnerstag umgesetzt. Kreisende Hubschrauber würden nicht nur einem geordneten System der Flugrettung widersprechen, sondern auch die Disponierung durch die Leitstelle Tirol erschweren. Knaus gab schließlich nach und meldete Martin 7 ab. Den Stützpunkt reichte er aber in seiner ursprünglichen Form erneut bei der Bezirkshauptmannschaft ein und rechnet mit einem langjährigen Verfahren.

„So etwas noch nicht erlebt“

„Dass jemand in der Luft kreisend auf Einsätze wartet, habe ich in 30Jahren Flugrettung nicht erlebt. Das ist einfach unglaublich“, sagt Rudolf Schider, Geschäftsführer von Schider Helicopter Service. Seine Ankündigung, den Vertrag mit dem Land zu kündigen, sei keine Drohung. „Wir haben gar keine andere Möglichkeit, sollte das Abkommen mit dem Land von 2012 nicht von allen Beteiligten eingehalten werden. Wenn Herr Knaus aus der Reihe tanzt und die vereinbarte Stützpunktaufteilung nicht akzeptiert, geht unsere Kalkulation nicht mehr auf.“ Und dann führe kein Weg an einer Ausschreibung vorbei. Auch für Reinhard Kraxner, Geschäftsführer der ÖAMTC-Flugrettung, ist eine Ausschreibung die logische Konsequenz einer Vertragsverletzung. Kraxner: „Ich zähle auf die Fähigkeiten des Landes, das Problem zu lösen, aber sollte es zu einer Ausschreibung kommen, haben wir keine Angst davor.“ In diesem Fall gehen er und Schider davon aus, dass alle Flugrettungsbetreiber (Schenk, HAT, ÖAMTC, Schider) außer Knaus eine Bietergemeinschaft bilden – was wiederum Knaus kaltlässt. Er kündigte seinerseits bereits an, ganz Tirol versorgen zu können und bei einer Ausschreibung mitzubieten.

AUF EINEN BLICK

Flugrettung in Tirol. Als Folge des Streits um einen Heli-Stützpunkt in Mayrhofen im Zillertal könnte die Flugrettung in Tirol europaweit vergeben werden. Der bodengebundene Rettungsdienst wurde bereits 2010 ausgeschrieben. Für das Land Tirol ist die Ausschreibung eine „Option, die im Raum steht“. Zunächst werde man aber das Gespräch mit allen Beteiligten suchen, um zu einer anderen Lösung zu kommen. Schließlich habe die Grundversorgung aus der Luft bisher „sehr gut funktioniert“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2014)

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