Über Privatordination schneller zur Hüft-Operation?

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Symbolbild.Erwin Wodicka - BilderBox.com
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Der VKI ließ Tester ausschwärmen. Fazit: Zum Teil dürfte man über den Gang in die Privatordination eines Spitalsarztes schneller zu OP-Terminen kommen.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat - wieder einmal - zu ermitteln versucht, ob sich Patienten in Österreich über den Gang in die Privatordination eines Spitalsarztes einen Vorsprung bei Terminen im Krankenhaus verschaffen könnten. Das Ergebnis des "Mystery-Shopping": Zum Teil dürfte das der Fall sein.

An sich sollten laut der letzten Novelle zum Bundes-Kranken- und Krankenanstaltengesetz die OP-Termine von öffentlichen und privaten gemeinnützigen Krankenhäusern vor allem für geplante Katarakt-, Bandscheiben-, Hüft- und Knieendoprothesen etc. elektronisch offenbelegt sein. Dies sollte geschehen, um Interventionen abzuwehren. Sie können auf vielen Ebenen laufen, zum Beispiel auch über Privatpraxen von Spitalsärzten.

Gegen Privatordinationen von Ärzten sei nichts einzuwenden, so der VKI, aber: "Nicht zulässig ist es hingegen, wenn Ärzte den Eindruck vermitteln, dass mit dem Besuch in der Privatordination eine Bevorzugung im stationären Bereich erkauft werden könne; dazu zählt unter anderem auch die raschere Vergabe eines OP-Termins (Vorreihung auf der Warteliste). Auch dürfen Privatpatienten ohne Zusatzkrankenversicherung keine Leistungen im stationären Bereich erhalten, die nicht allen sozialversicherten Patienten zustehen. In der Privatordination erbrachte Leistungen (etwa Untersuchung, Diagnosestellung, Nahtentfernung im Rahmen der Nachbehandlung, Aufklärung und Beratung) sind von den Leistungen des stationären Bereichs eindeutig zu trennen."

"Hinweis auf Umgehung der Warteliste" in fünf Fällen

So schickte man in Wien und Niederösterreich eine Testperson samt Zeugen in zwölf Privatordinationen von Ärzten (sieben in Wien, fünf in Niederösterreich), die im Krankenhaus hauptberuflich viele Hüftoperationen durchführen. Man gab - so der VKI - an, eine Endoprothesenoperation (künstlicher Hüftgelenksersatz) lange hinausgeschoben zu haben, jetzt aber einen Eingriff zu benötigen.

Fazit: Laut einem Begutachtungsgremium aus drei Angehörigen der NÖ-Patientenanwaltschaft fand sich in fünf Fällen der "Hinweis auf Umgehung der Warteliste" - jeweils bei Privathonorarforderungen von etwa 120 Euro. So hätte beispielsweise ein Arzt, der in einem Krankenhaus der Vinzenzgruppe tätig ist versprochen, "ein gutes Wort" für die Patientin einzulegen. Durch dessen Verweis auf eine "Akutsituation" sollte sich die Wartezeit von sechs Monaten auf vier Wochen reduzieren. Das Verhalten eines Arztes (120 Euro Kosten für Privatordination) vom Landesklinikum St. Pölten wird in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift "Konsument" so beschrieben: "Arzt gibt an, dass er immer zwei bis drei OP-Termine für seine Patienten reserviert hat."

Privatordination mit Rechnung teurer?

Diffizil könnten für manche der beschriebenen Mediziner aber auch Beobachtungen am Rande des Tests sein: So erhöhte sich bei einem Wiener Spitalsarzt der Preis für die Privatordination von 120 auf 140 Euro, als eine Rechnung verlangt wurde, so der VKI. Ein NÖ-Arzt, auch in der ärztlichen Standespolitik tätig, sah zwar laut dem VKI keine Möglichkeit, die Wartezeit auf die Operation über die Privatordination zu verkürzen. Allerdings gebe es einen "Verdacht auf Beihilfe zum Abrechnungsbetrug". Auf der Honorarnote wurde nämlich eine "Manuelle Therapie" angeführt, die nicht erfolgt sei. Und diese hätte die Testperson als Patient wohl bei der Krankenkasse bei Einreichung der Rechnung zum Teil rückvergütet bekommen.

Bei solchen Tests allerdings nicht analysiert wird die Situation im Gesundheitswesen, die offenbar zu Versorgungsengpässen - in diesem Fall im orthopädisch-chirurgischen Bereich führt. Sonst gäbe es keine bis zu Monate langen Wartezeiten.

IHS sammelte ähnliche Hinweise

Wer privat versichert ist oder vor der Operation in eine Privatordination geht, kommt früher dran. Das ergab vor kurzem auch eine Patientenbefragung des Instituts für Höhere Studien (IHS).

Studienleiter Thomas Czypionka und die Co-Autoren vom IHS stellten dazu erst im Herbst vergangenen Jahres fest: "Mit Hilfe der Patientenbefragung konnte die von den Patientenvertretern geäußerte Annahme, dass eine private Krankenzusatzversicherung bzw. eine private Zuzahlung bzw. ein Besuch einer Privatordination die Wartezeit verkürzen, bestätigt werden. Patienten mit einer privaten Krankenzusatzversicherung haben in Fondsspitälern (öffentliche Krankenhäuser mit öffentlicher oder privater Trägerschaft, keine reinen Privatspitäler, Anm.) eine signifikant kürzere Wartezeit als Patienten ohne private Krankenzusatzversicherung."

Die Autoren hatten 447 Patienten befragt. Die Hauptergebnisse: "6,5 Prozent der befragten Patienten wurde angeboten, die Wartezeit durch eine private Zuzahlung zu verkürzen, und 7,4 Prozent der befragten Patienten wurde angeboten, die Wartezeit durch den Besuch einer Privatordination zu verringern." Letzteres hat in Medizinerkreisen den Ruf der "Küss' die Hand'-Patienten", weil über den Umweg der Privatordination des behandelnden Arztes und Zahlung dann auch schnellere Therapie im Krankenhaus verheißen wird.

"Jeder Patient kann ja in ein Privatspital gehen", sagte Czypionka gegenüber der Austria Presseagentur. Aber in ganz oder teilweise von der öffentlichen Hand finanzierten Krankenhäusern in einem solidarischem Gesundheitssystem seien derartige Zustände wohl inakzeptabel.

>> Artikel auf konsument.at

(APA)

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