PAP-Befunde: Weitere Ärztin unter Betrugsverdacht

Die Wiener Gynäkologen soll bei 1400 Frauen Krebsvorsorgeuntersuchungen verrechnet, jedoch nicht zur Befundung übermittelt haben.

Eine weitere Wiener Gynäkologin soll Krebsvorsorgeuntersuchungen, sogenannte PAP-Abstriche, ohne Befunde der Krankenkasse verrechnet haben. Nachdem bereits im Vorjahr ein derartiger Fall publik wurde, hat die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) die Verrechnung aller 96 Frauenärzte in der Bundeshauptstadt überprüft und ist fündig geworden. Dieses Mal sind 1436 Frauen betroffen.

Die Krankenkasse geht davon aus, dass seit Beginn des Jahres 2011 rund 6500 PAP-Abstriche verrechnet worden sind, die entweder gar nicht vorgenommen, jedenfalls aber nicht an ein Pathologie-Institut bzw. an einen Pathologen zur Befundung übermittelt worden sind. Die betroffenen Frauen werden nun mit Briefen über den Fall verständigt. Die WGKK hat den Vertrag mit der betroffenen Ärztin gekündigt.

Ordination bereits behördlich gesperrt

Am Montag hat die Wiener Gebietskrankenkasse eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt sowie das Gesundheitsamt, die Ärztekammer und die Patientenanwältin informiert. Die betroffene Ordination der Gynäkologin wurde am Mittwoch bereits behördlich versperrt.

Vonseiten der MA40 (Sozial- und Gesundheitsrecht) konnte man aufgrund der Amtsverschwiegenheit zum konkreten Fall keine Auskunft erteilen. Es wurde nur bestätigt, "dass am 29. Jänner 2014 eine Ordination - bei der Verdacht besteht, dass Krebsabstriche nicht befundet worden sind - in Wien von der MA40 mit sofortiger Wirkung gesperrt wurde". Bis zur nachweislichen Behebung sämtlicher Missstände bleibe diese Ordination geschlossen. Die Magistratsabteilung hat zudem ein Verfahren bezüglich eines temporären Berufsverbots eingeleitet. Die Wiener Ärztekammer hat an den Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer eine Sachverhaltsdarstellung mit der Bitte um weitere Veranlassung geschickt.

"Ordinationschaos" als Ursache

Auf die Unregelmäßigkeiten stieß die WGKK bei einer Kontrolle aller 96 Wiener Gynäkologen, nachdem bereits im November 2013 ein ähnlicher Fall publik geworden war. Damals waren 826 Frauen betroffen, nun sind es 1436 Frauen. Dass es so viele Patientinnen trifft, dürfte am "Ordinationschaos" gelegen haben, sagte Franz Schenkermayr, in der WGKK für die Missbrauchsbekämpfung und -prävention verantwortlich. Die Ärztin hatte sehr viele Patientinnen und könnte überfordert gewesen sein.

Dass die Unregelmäßigkeiten drei Jahre lang nicht aufgefallen sind, liegt laut Schenkermayr an folgender Vorgehensweise: "Ein Zusammenführen der Daten von Gynäkologen und Pathologen hat es bislang nicht gegeben. Die Betonung liegt auf bislang, denn jetzt schaut die Welt anders aus." Vonseiten der WGKK gebe es regelmäßige Kontrollen, die betroffene Ärztin ist dabei jedoch nie aufgefallen. Auch vonseiten der Patientinnen gab es keine Beschwerden. Jedoch als die Überprüfungen der Wiener Gynäkologen bereits am Laufen waren, hat es einen Hinweis einer Patientin gegeben, der aufgefallen war, dass auf ihrem Leistungsblatt, das jährlich verschickt wird, zwar die gynäkologische Leistung, jedoch nicht die pathologische verrechnet wurde, berichtete Schenkermayr.

Die WGKK geht davon aus, dass seit Beginn des Jahres 2011 rund 6500 PAP-Abstriche verrechnet worden sind, die gar nicht vorgenommen wurden. In etlichen Fällen hat die Ärztin pro Patientin sogar mehrere Abstriche verrechnet.

PAP-Abstrich

Der Abstrich des Gebärmutterhalses, der sogenannte PAP-Abstrich, ist die wichtigste Methode zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs. Am häufigsten tritt die Krankheit zwischen dem 25. und dem 55. Lebensjahr auf. Mit dem Abstrich sollen Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs rechtzeitig erkannt werden. In Österreich erkranken pro Jahr über 500 Frauen daran.

Die Bezeichnung PAP steht für den Namen des griechischen Arztes, der im Jahre 1928 den Krebsabstrich des Gebärmutterhalses entwickelt hat, George Papanicolaou. Durch die Einführung des Krebsabstriches in die gynäkologische Praxis konnten die Häufigkeit von Gebärmutterhalskrebs deutlich reduziert und die Heilungschancen der betroffenen Frauen verbessert werden, schreibt netdoktor.at. Die Sterblichkeit bei Gebärmutterhalskrebs ist in den vergangenen 50 Jahren um zwei Drittel zurückgegangen.

Leichte bis mäßige Zellveränderungen sind gerade bei jungen Frauen unter 30 sehr häufig. Sie sind frühe Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs und werden durch das humane Papillomvirus (HPV) ausgelöst. Etwa 80 Prozent aller Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens damit. Die HPV-Infektion heilt meistens innerhalb von sechs bis 18 Monaten spontan ab, kann aber bereits in dieser Zeit Zellveränderungen verursachen. Seit 2006 ist eine Impfung gegen HPV am Markt.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.