Snowden einbürgern? Gefangen in der Bürokratie

ITAR TASS MOSCOW RUSSIA JANUARY 23 2014 Former CIA agent Edward Snowden on screen gives onlin
ITAR TASS MOSCOW RUSSIA JANUARY 23 2014 Former CIA agent Edward Snowden on screen gives onlin(c) imago/ITAR-TASS (imago stock&people)
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Ein burgenländischer Mediziner kämpft dafür, dass Edward Snowden Österreicher wird. Doch niemand will dafür zuständig sein: Wie ein Bürger von Politikern und Beamten im Kreis geschickt wird.

Wien. Reinhard Stindl hat eine Mission: Seit Ende Dezember kämpft der Mediziner aus Eisenstadt dafür, dass Edward Snowden die österreichische Staatsbürgerschaft erhält. So richtig ernst genommen wird der 46-Jährige dabei aber nicht: Bundespräsident sowie Innen- und Außenministerium erklärten, dass die Landesregierungen zuständig seien. Die Landesregierungen wiederum verwiesen auf den Bund. Der Burgenländer fühlt sich daher im Kreis geschickt: gefangen in einem „Beamtenringelspiel“, wie er es ausdrückt.

Doch wie geht man nun wirklich korrekt vor, wenn man die rasche Einbürgerung Snowdens – analog zur Verleihung der Staatsbürgerschaft an Prominente wie Anna Netrebko – vorantreiben will? Gegenüber der „Presse“ erläutert ein Sprecher des Innenministeriums das nötige Szenario: Eine Landesregierung müsste die Einbürgerung beantragen, die Bundesregierung darüber im Ministerrat abstimmen. Danach würde wiederum das Land die Staatsbürgerschaft verleihen.

So weit, so gut. Bei sieben von neun Landesregierungen versuchte Stindl nun sein Glück. Einige antworteten gar nicht, andere redeten sich auf den Bund aus, etwa Oberösterreich: Eine „derartige Verleihung der Staatsbürgerschaft ist von der Bundesregierung auszusprechen“, hieß es im Antwortschreiben aus dem Büro von Josef Pühringer. Dass die Landesregierung die Staatsbürgerschaft zuvor beantragen müsste, wird in der Antwort aus Linz nicht erwähnt.

Die anderen sind zuständig

In Tirol wurde die Anregung des Burgenländers an die für Staatsbürgerschaften zuständige grüne Landesrätin Christine Baur weitergeleitet. Sie betonte zwar, dass ihre Partei für ein Aufenthaltsrecht Snowdens in der Europäischen Union kämpfe. Jedoch: „Edward Snowden hat keinen Wohnsitz in Tirol, womit Tirol als Land und somit auch ich als Landesrätin unzuständig sind“, schrieb Baur. Zudem wäre die Bundesregierung berufen, über die Vergabe der Staatsbürgerschaft zu entscheiden. St.Pölten verwies hingegen nicht auf den Bund. Stattdessen erklärte man Stindl, er solle sich doch an Wiens Landesregierung wenden: Denn sie sei für Anträge von Leuten, die im Ausland geboren wurden, zuständig. Eine inhaltliche Antwort aus Wien lässt übrigens bis heute auf sich warten.

Doch Stindl gibt nicht auf, er wandte sich nun auch an Kanzler Werner Faymann. Und noch einmal an die Hofburg. „Man soll Snowden symbolisch einen Dank dafür aussprechen, was er geleistet hat“, meint der Mediziner. Und die Staatsbürgerschaft wäre eine solche Anerkennung für den Mann, der die Abhöraktionen der NSA publik machte. „Denn ich weiß, wie gefährlich das ist, was die Amerikaner machen“, sagt Stindl, der im IT-Bereich bewandert ist und selbst einmal in den USA gearbeitet hat.

Was kann nun ein Bürger machen, der von einer Behörde zur anderen geschickt wird? Am besten an die Volksanwaltschaft wenden, meint Verfassungsjurist Theo Öhlinger. Sie könne die Behörden drängen, „eine bessere Antwort zu geben“. Das Innenministerium verweist zudem darauf, dass das Vergabeprozedere von Staatsbürgerschaften künftig exakter und transparenter geregelt werden soll. Ein diesbezüglicher Entwurf ist bereits in Begutachtung.

Antrag von Snowden nötig

Egal, wie erfolgreich Stindl mit seinen Bemühungen auf politischer Ebene ist, eine rechtliche Hürde bleibt jedenfalls: Verliehen werden kann eine Staatsbürgerschaft nur an jemanden, der sie selbst beantragt. Das betonten auch die Vorarlberger, die im aktuellen Fall die korrekteste Antwort eines Landes lieferten. Es wäre „erforderlich, dass Herr Snowden persönlich einen entsprechenden Antrag bei einer der neun Landesregierungen einbringt“, hieß es aus dem Büro von Landeshauptmann Markus Wallner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2014)

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