Wissen über Diabetes zu gering

Studie. Rund 400.000 Personen leiden in Österreich an Diabetes. Dennoch können ein Fünftel der Männer und neun Prozent der Frauen keine einzige Folgeerkrankung nennen.

Wien. Diabetes wird zunehmend zu einer Volkskrankheit, dennoch wissen viele Österreicher nicht über ihre schweren Folgen Bescheid. Schätzungen zufolge ist jeder achte Todesfall in Industrienationen auf Diabetes mellitus zurückzuführen, wie aus einer Studie der Marktforschung Spectra hervorgeht, die am Donnerstag präsentiert wurde.

Den Ergebnissen zufolge sahen immerhin neun von zehn Österreichern Diabetes als ernste Krankheit an. 41Prozent der Befragten gaben an, Diabetes sei eine „sehr ernste Erkrankung“, 47Prozent sprachen von einer „eher ernsten Erkrankung“. Nur sechs Prozent stuften sie als harmlos ein.

Fast zwei Drittel der Österreicher fühlen sich gut über Diabetes informiert. Bei der genaueren Frage zu den gesundheitlichen Auswirkungen taten sich allerdings Lücken auf. Rund ein Fünftel (22Prozent) der Männer konnte auf die Frage nach möglichen Folgeerkrankungen (Nierenversagen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Netzhautschäden, Schlaganfälle sind die häufigsten) keine Antwort geben. Bei den Frauen waren neun Prozent gänzlich uninformiert. Neun von zehn Personen gaben an, keine Sorge zu haben, jemals an Diabetes zu erkranken. Das sei überraschend, sagt Walter Wintersberger von Spectra, da 32Prozent aussagten, dass nähere Angehörige in der eigenen Familie von der Krankheit betroffen seien.

„Ich krieg's eh nicht“

Als Diabetikerin warnte die als Betroffene eingeladene Sängerin Jazz Gitti, die Vorsorge ernst zu nehmen. Sie habe immer gedacht: „Ich krieg's eh nicht“. Ihre Mutter sei mit 42 Jahren an Diabetes gestorben. Sie selbst sei schon als Kind übergewichtig gewesen, dann habe sie die Altersdiabetes (Typ2, Anm.) eingeholt. Die 67-Jährige nehme die Krankheit nun aber sehr ernst und habe immer eine kleine Tasche mit Insulin, einem Messgerät, einem Tagebuch und einem Stift dabei. Sie achte auf ihre Ernährung und würde „in der Früh wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler“ essen. Alle drei bis vier Monate stehe eine Blutuntersuchung an, außerdem betreibe sie regelmäßig Sport.

Diabetes ist in den vergangenen Jahren stark auf dem Vormarsch, warnt Thomas C. Wascher, Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG). Er sieht in Sachen Aufklärung auch die Politik gefordert. Gabriele Grom, Geschäftsführerin des Pharmakonzerns MSD (Merck Sharp & Dohme) in Österreich, riet den Betroffenen dazu, sich mit ihrem Lebensstil und der Krankheit auseinanderzusetzen, die Medikamente selbst seien nicht genug. Deshalb habe man Apps für Betroffene entwickelt und kürzlich auch Broschüren in türkischer Sprache aufgelegt.

MSD war der Auftraggeber der Befragung. Für die Studie wurden im Spätherbst 500 Personen ab 15 Jahren interviewt. 27 von ihnen waren selbst diagnostizierte Diabetiker. (kb/APA)

AUF EINEN BLICK

Diabetes Typ1: Betrifft 15Prozent aller Diabetiker, wird vererbt oder entsteht durch eine Virusinfektion im Mutterleib.
Diabetes Typ2: Betrifft 85Prozent aller Diabetiker, für gewöhnlich Personen ab 45 Jahren. Ursache ist das Metabolische Syndrom (der Körper wird resistent gegen Insulin, zumeist durch Bluthochdruck und zu viel Cholesterin).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2014)

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