Thora-Schule: Schließung möglich

Kultusgemeinde. Ausschluss von vier Kindern Friedmanns geht vor Gericht in nächste Runde.

Wien (milo).Die Auseinandersetzung zwischen Moishe Arye Friedmann und der Talmud-Thora-Schule in der Leopoldstadt eskaliert: Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), erklärte auf einer Pressekonferenz am Freitag, dass er bereit sei, „auch ins Gefängnis zu gehen“. Als „Ultima Ratio“ kündigt er an, auch die „Schließung der Schule“ in Erwägung zu ziehen.

Der Hintergrund: Friedmann nennt sich „Oberrabbiner der Orthodoxen Jüdischen Gemeinde in Wien“, bezeichnet sich als anti-zionistisch und hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt, als er im vergangenen Dezember in Teheran aufgetreten ist. In einer Konferenz, zu der der iranische Präsident Mahmud Ahmadinejad eingeladen hatte, hatte er das Ausmaß der systematischen Ermordung von Juden durch das Nazi-Regime bezweifelt und kritisiert, dass es „bis heute keine Möglichkeit“ gebe, „freie Forschung über die historischen Tatsachen sowie die wahren Hintermänner“ zu betreiben; eine „Holocaust-Religion“ sei konstruiert worden. Friedmann wurde aus der IKG ausgeschlossen.

Vier seiner Kinder besuchen die Machsike Hadass-Schule in der Leopoldstadt. Sie ist eine Privatschule, besteht seit 150 Jahren, steht unter der Schirmherrschaft der IKG und hat strenge, orthodoxe Regeln. So ist eines der Kriterien, dass am Sabbat nicht gearbeitet werden darf. Friedmanns Kinder wurden aus der Schule ausgeschlossen. Begründung der Schulleitung: das unorthodoxe Verhalten, Friedmanns Auftritt in Teheran und das Nicht-Zahlen der Schulgebühren. Schuldirektor Tibor Steiner zum Ausschluss: „Wir weinen und können nicht mehr schlafen.“ Aber es gehe um den Frieden für 200 Schüler und 40 Lehrer.

Die Eltern bekämpfen dies zivilrechtlich. In einer einstweiligen Verfügung hat das Oberlandesgericht für Zivilrechtssachen angeordnet, dass Friedmanns Kindern der Zutritt ermöglicht werden müsse. Beugestrafen sind verhängt. Vor dem Schultor spielen sich täglich aufgeregte Szenen ab, es kommt zu Rangeleien. Susanne Brandsteidl, Präsidentin des Stadtschulrates, war bei Muzicants Pressekonferenz anwesend. Sie berichtete, dass das Bezirksschulinspektorat den Eltern eine Frist gesetzt habe, die schulpflichtigen Kinder in öffentliche Schulen zu schicken.

Muzicant: Religionsstörung

Muzicant sieht im OLG-Urteil „den Tatbestand der Religionsstörung“ und erwägt, die Thora-Schule neu zu gründen und an einem anderen Standort aufzumachen. Zunächst drängt er auf eine „schnelle Entscheidung“ – und bezeichnet Friedmann als „geisteskranken Hochstapler“. Friedmann: „Eine Verleumdung, die man eigentlich klagen könnte.“

Politische Dimension des Falls: Friedmann wird durch einen FP-Anwalt vertreten. Muzicant berichtet, ihm sei inoffiziell vorgeschlagen worden, dass Friedmann diesen Rechtsbeistand nicht mehr bekomme, wenn die IKG gegenüber der FPÖ sanftere Töne anschlage.

Inline Flex[Faktbox] WAS BISHER GESCHAH("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2007)

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