Visa-Prozess: Richter warnt vor weiterem Visa-Handel

Richter Peter Liebetreu
Richter Peter Liebetreu(c) APA (Roland Schlager)
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Wenn nicht bald etwas unternommen werde, stehe der nächste Visa-Skandal ins Haus, warnt der Richter Peter Liebetreu. Das Außenministerium müsse seine Untätigkeit ablegen.

Richter Peter Liebetreu nutzte die Urteilsbegründung im Visa-Prozess für eine Tirade gegen das Außenministerium: Der illegale Visa-Handel an den österreichischen Vertretungsbehörden sei "nicht zu übersehen" und "in ganz Serbien bekannt" gewesen. In Wien habe man aber "überhaupt nichts unternommen", obwohl in einigen Fällen das Botschaftspersonal die bestehenden Missstände durchaus aufgezeigt habe, hielt Liebetreu fest.

"Missstände im Außenamt" hätten sich im Zuge des Beweisverfahrens "erhärtet", bilanzierte Liebetreu die vergangenen Verhandlungswochen. Mangels effizienter Kontrollen wäre das rechtswidrige Treiben in den betroffenen Botschaften "wie in geschützten Werkstätten" möglich gewesen.

Unternommen wurde nichts, so Liebetreu: Vielmehr hätten sich Außen- und Innenministerium wechselseitig die Verantwortung für die Missstände zugeschoben und damit eine Patt-Situation herbeigeführt, konstatierte Liebetreu: "Die Ministerien sollten mit-, und nicht nebeneinander arbeiten. Und wir sollten keinen Visa-Prozess Nummer 17 führen müssen."

Richter warnt vor weiterem Visa-Skandal

Und der könnte schon bald ins Haus stehen, wie Liebetreu meint: Während des laufenden Verfahrens habe er wiederholt Informationen erhalten, wonach an einigen österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland nach wie vor ungesetzliche Zustände herrschen sollen.

"Es hat nicht zu übersehende Signale ans Gericht gegeben, dass Visa in Serbien nach wie vor käuflich erwerbbar sind", stellte der Vorsitzende fest. Er sei telefonisch informiert worden, "dass nur dann etwas weiter geht, wenn im Pass mindestens 50 Dollar drinnen liegen".

In der österreichischen Botschaft in Belgrad werde seinen Informationen zufolge von Visa-Werbern vor dem Betreten des Gebäudes eine "Eintrittsgebühr" verlangt, "die das Security-Personal abkassiert", wie der Richter die Prozessbeobachter wissen ließ. Er ortete beim Außenamt "dringenden Handlungsbedarf" und hielt mit seiner Einschätzung nicht hinter dem Berg, "dass nach unserem Verständnis viel mehr Angeklagte hier hätten sitzen müssen."

Außenamt beruhigt

Das Außenministerium verteidigt sich: Das Außenamt werde "auch in Zukunft sämtliche in seinem Bereich liegende Möglichkeiten nützen, um jeden Missbrauch zu verhindern". Die Urteile seien wichtig, weil damit strafrechtlich Klarheit geschaffen wurde.

Das Ministerium betonte in einer Aussendung, es habe "von Anfang an sowohl mit den Ermittlungs- als auch den Justizbehörden eng zusammengearbeitet und zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um den Missbrauch bei der Ausstellung von Visa möglichst zu verhindern." Dazu gehörten neue Richtlinien bei der Visa-Vergabe ebenso wie das "Vier-Augen-Prinzip" und häufigere Inspektionen bei den Vertretungsbehörden. Zusätzliches Personal an von Visa-Werbern besonders stark frequentierten Vertretungsbehörden solle ebenfalls zur Verhinderung künftiger Unregelmäßigkeiten beitragen.

(APA/Red.)

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