Terror-Prozess: Mohamed M. verliert Nerven

(c) APA (Robert Jaeger)
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Für die Polizei steht fest, dass der Angeklagte Bezug zu terroristischen Aktivitäten hatte. Mohammed M. beschimpft zwei Zeugen als CIA-Marionetten. Mona S. hält an ihrem Gesichtsschleier fest.

Im Wiener Landesgericht wird heute, Mittwoch, die Verhandlung gegen den 22-jährigen Mohamed M. und seine Frau Mona S. (21) fortgesetzt. Laut Anklage waren die beiden zumindest ab März 2007 "Mitglied einer terroristischen Vereinigung, nämlich der al-Qadia bzw. anderer international tätiger radikal-islamischer Terrornetzwerke". Der Staatsanwalt wirft Mohamed M. vor, in einem Drohvideo zu Terroranschlägen aufgerufen zu haben. Als mögliche Anschlagziele soll er die Fußball-EM sowie in- und ausländische Politiker angeführt haben. Das Video veröffentlichte das "Terror-Pärchen" im Internet.

Zeugen-Vernahme unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Vor der Einvernahme des ersten Zeugen wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen: Ehe ein Vertreter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) erläuterte, wie man sich auf den Computer von Mohamed M. Zugriff verschafft hatte und damit seine Internet-Aktivitäten überwachen konnte, mussten sämtliche Zuhörer und Medienvertreter den Großen Schwurgerichtssaal verlassen.

"Großer Lauschangriff" auf Mohamed M.

Soviel wurde bekannt: Das BVT hat laut dem Zeugen 98 Gigabyte Daten am Computer von Mohamed M. im Rahmen eines genehmigten "Großen Lauschangriffs" aufgezeichnet. Die Internet-Überwachung hätte "völlig einer herkömmlichen Telekommunikationsüberwachung entsprochen". Eine rechtliche bedenkliche Online-Durchsuchung hab es nicht gegebenen, pflichtete ein weiterer Polizist bei.

Den Angaben des BVT-Beamten zufolge habe man zur Überprüfung des unter Terror-Verdacht stehenden Mannes seinen Provider kontaktiert. Die dort gespeicherten Daten wurden ausgewertet. Dabei wurde festgestellt, dass Mohamed M. 35 Prozent des Datenverkehrs anonymisieren hatte lassen. Da die Entschlüsselung dieser Daten nicht möglich war, zog das BVT die "Sondereinheit Observation" heran, die nun weitere - ebenfalls vom "Großen Lauschangriff" gedeckte - Maßnahmen setzte.

"Sondereinheit Observation"

Im Zimmer von Mohamed M., der zum Tatzeitpunkt noch bei seinem Eltern wohnte, wurden Wanzen installiert. Im Hauseingangsbereich und auf der Straße vor seinem Zimmer wurden zusätzlich zwei Kameras montiert.

Ein Software-Programm wurde auf dem Computer von Mohamed M. installiert, "um den Bildschirminhalt und die Tastatur auswerten zu können", wie der Beamte von der Sonderkommission darlegte. Alle 60 Sekunden lichtete die Software den Bildschirm ab und lieferte der Polizei Hinweise auf das aktuelle Geschehen. Was dazwischen passierte, habe sich aus den Tastaturanschlägen ermitteln lassen, erklärte der Beamte.

Beweise sprechen laut Polizei gegen M.

Fazit der Polizei: Nach ihrem Dafürhalten steht anhand der gesammelten Beweise fest, dass Mohamed M. Bezug zu terroristischen Aktivitäten hatte.

Der Beamte vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gab an, es sei praktisch erwiesen, dass Mohamed M. nach Auftauchen des "Droh-Videos" folgenden Text verfasst habe: "Man fürchtet sich vor der Front! (Gemeint war die 'Globale Islamische Medienfront', Anm.) bei Gott, das Video hat etwas bewirkt!"

"Ich kann beweisen, dass das auf Ihrem Computer geschrieben worden ist", meinte der Beamte direkt zum Angeklagten.

Noch deutlicher wurde der Ermittler von der "Sondereinheit Observation", der angab, Mohamed M. habe in einem islamistischen Forum einen Text gepostet, der konkrete Anschlagspläne auf die Fußball-EM zum Thema hatte. Das sei aus der Kombination von Screenshots und aufgezeichneten Tastaturanschlägen belegbar. "Er hat es zu 100 Prozent geschrieben", bemerkte der Polizist.

"BVT Marionetten der Amerikaner"

Daraufhin wurde es turbulent: Mohamed M. beschuldigte das BVT, man wolle ihm "etwas unterschieben". Er habe die gegenständlichen Passagen nicht verfasst beziehungweise nicht öffentlich gemacht. In einem Fall habe es sich um eine "private Nachricht" gehandelt, die niemals publik geworden sei: "Das ist etwas Anderes als E-Mail oder Chat!"

Das BVT habe "nicht das Geringste überprüft", wetterte Mohamed M.: "Ich unterstelle dem BVT, dass sie Marionetten der Amerikaner sind, die mich ins Gefängnis bringen wollen!" Das BVT arbeite "auf Zuruf der CIA".

Mona S. noch immer "vermummt"

Mona S. soll vor allem Übersetzerdienste geleistet haben. Gegen die Frau wird weiter in Abwesenheit verhandelt: Der Richter hatte sie zu Prozessbeginn von der Verhandlung ausgeschlossen, weil sie sich aus religiösen Gründen weigert, ihren Gesichtsschleier abzunehmen. Nach Ansicht des Senats ist dies in einem österreichischen Gerichtssaal nicht zulässig.

Die Eltern von Mona S. verteidigen im Zeugenstand die Entscheidung ihrer Tochter: "Sie will ihre Schönheit verbergen", sagt die Mutter, eine gebürtige Wienerin, die zum Islam konvertiert ist. Sie können nicht glauben, dass Mohamed M. in die Planung von Terroranschlägen verwickelt sein könnte. "Er ist in einer islamischen Umgebung aufgewachsen. Aber nicht in einer terroristischen Umgebung", sagt der Vater. Die Anklage bezeichneten sie als "Witz". Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.

(APA/Red.)

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