Schularzt: „Man sucht Schwarzen Peter“

Mediziner in Salzburger Waldorf-Schule arbeitete möglicherweise illegal.

SALZBURG. „Man sucht jetzt einen Schwarzen Peter“, sagt Stefan Görnitz, Schularzt der Waldorfschule in Salzburg-Mayrwies. Die Lehranstalt, an der mehr als 100 Menschen erkrankt sind, gilt als Ausgangspunkt der jüngsten Masernepidemie. Doch Görnitz weist die Kritik an ihm zurück – die Landessanitätsbehörde hat ihm vorgeworfen, er habe Eltern und Schülern von Impfungen abgeraten.

Er sei weder gegen generelles Impfen, noch gegen ein generelles Nicht-Impfen: „Ich empfehle ein individuelles Vorgehen und respektiere die Entscheidung der Eltern.“ Und die geforderten Maßnahmen der Behörden seien umgesetzt, die Schule gesperrt worden. „Ich kann ja nicht in jedes Elternhaus gehen und fragen, ob die Kinder geimpft sind“, meint der Mediziner, der eine Privatpraxis für anthroposophische Medizin in Bayern betreibt und an der Rudolf-Steiner-Schule als Waldorf-Schularzt tätig ist – mit ein bis zwei Besuchen pro Monat.

Die Behörden nehmen mittlerweile auch die in Österreich möglicherweise illegale Tätigkeit des Arztes unter die Lupe. Der Mediziner war bisher bei der Ärztekammer nicht gemeldet und hätte seinen Beruf in Österreich damit nicht ausüben dürfen. Man habe den Fall angezeigt, erklärt Johannes Barth von der Ärztekammer Salzburg. Er werde die Eintragung in der Ärzteliste umgehend beantragen, sagt Görnitz der „Presse“.

Geprüft wird auch, ob der Mediziner die formalen Erfordernisse für die Tätigkeit eines Schularztes erfüllt. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Ausbildung und Aufgaben von Schulärzten gelten auch für Privatschulen, bestätigt Manuela Egger vom Landesschulrat. Ein Verstoß hat allerdings kaum Konsequenzen: Die Schule wird von der Behörde aufgefordert, den Mangel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen.

Rege Nachfrage nach Impfungen

Während an der Waldorfschule viele Eltern die Masern-Impfung für den Nachwuchs ablehnen, verzeichnen Gesundheitsamt, Ärzte und Apotheker dagegen eine rege Nachfrage. Für Kinder ist die Spritze kostenlos, für Erwachsene haben die Salzburger Apotheken am Mittwoch die Preise für den Masern-Impfstoff von 29,35 auf 24 Euro gesenkt.

Die Masern-Epidemie im Großraum der Stadt Salzburg dürfte ihren Höhepunkt indes noch nicht erreicht haben. „Die Krankheit breitet sich weiter aus “, bestätigt Michael Haybäck, Leiter des Amtes für öffentliche Ordnung in der Stadt Salzburg. Am Mittwoch waren rund 150 Erkrankungsfälle bekannt. Fünf Patienten mussten sich in Spitalsbehandlung begeben, weil sie eine sehr schwere Form der Infektion hatten.

Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr gab es im gesamten Bundesland Salzburg nur drei gemeldete Masernfälle. Auch in Oberösterreich und Bayern haben sich Kinder und Erwachsene mit dem Masernvirus angesteckt. Haybäck appelliert an die Eltern, Kinder impfen zu lassen. „Ein längeres Zuwarten stellt ein erhebliches Risiko dar. Die Verantwortung der Eltern ist durch die Behörden nicht ersetzbar.“

Eine Schutzmaßnahme soll nun weitere Ansteckungen verhindern: Die Patienten sollten vor dem Aufsuchen von Ordinationen oder Krankenhäusern anrufen, damit sie über gesonderte Eingänge oder abgetrennte Wartezimmer zum Arzt gelangen und so nicht mehr Menschen infizieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2008)

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