"Bettellobby" ortet Schikanen der Polizei

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Laut "Bettellobby" sei der Begriff des "organisierten Bettelns" Interpretationssache und fragwürdig. Kritik übt das Netzwerk an Polizei und Medien.

Bettler haben sich in Österreich immer wieder mit Polizeischikanen auseinanderzusetzen. Dieser Meinung ist das Netzwerk "Bettellobby", das im Laufe der Jahre eine Fülle von Fällen zusammengetragen hat. Bettler, die sich auf den Inspektionen ausziehen müssen, schablonenartige Strafverfügungen, auf denen nicht einmal die Namen ausgetauscht worden sind, nennt die "Bettellobby" als Beispiele.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat festgestellt, dass ein absolutes Bettelverbot der Menschenrechtskonvention widerspricht. Allerdings dürfen die Länder Bestimmungen gegen organisiertes und aggressives Betteln erlassen und haben dies in mehr oder weniger scharfer Weise auch getan. Verstöße dagegen sind aber nicht strafrechtlich relevant, sondern verwaltungsrechtliche Übertretungen. Was dabei organisiertes Betteln ist, ist laut dem Netzwerk oft Interpretationssache.

Organisiertes Betteln wegen "Augenkontakt"?

So weist die "Bettellobby" eine Anzeige vor, in der organisiertes Betteln damit begründet wurde, dass drei Bettler miteinander Augenkontakt gehabt hätten. Ein anderes Beispiel: Ein Bettler bekam 200 Euro Geldstrafe oder 100 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe wegen aufdringlicher Bettelei, vorschriftswidrigen Verhaltens auf Gehsteigen im Ortsgebiet und wegen der Benützung von Straßen zu verkehrsfremden Zwecken aufgebrummt, weil er "auf dem Fenstergesims der Bawag-Filiale in Wien 6, Mariahilfer Straße 89A sitzend, in aufdringlicher Weise gebettelt hat. (...) Durch das Sitzen und die auf den Gehsteig ragenden Beine war der Fußgängerverkehr im Ortsgebiet in erheblicher Weise behindert", wie es in der Anzeige hieß.

Laut "Bettellobby" ist allein der Begriff des organisierten Bettelns fragwürdig: Teil einer solchen Organisation - der "Bettelmafia" - sei man beispielsweise dann, wenn man mithilfe der Schwester, die bereits in Wien bettelt und vorher regelmäßig Geld geschickt habe, per Sammeltaxi aus Rumänien in die Bundeshauptstadt komme. Hier kommt man bei der Familie der Schwester in einer kleinen Wohnung unter und beteilige sich an den Mietkosten. Am nächsten Tag wird der optimale Bettelplatz hergezeigt.

Kritik an abwertender Berichterstattung

Kritik übte die "Bettellobby" auch an den Medien wegen "pejorativer", also abwertender Berichterstattung über Bettler: Diese seien in den Berichten praktisch prinzipiell Mitglieder eines "Clans" anstatt einer Familie und würden meist "gekarrt", anstatt selbst zu reisen.

(APA)

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