Fußballschauen nur bis Mitternacht

FUSSBALL WM-QUALIFIKATION: DEUTSCHLAND - �STERREICH / PUBLIC VIEWING IN WIEN
FUSSBALL WM-QUALIFIKATION: DEUTSCHLAND - �STERREICH / PUBLIC VIEWING IN WIEN(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Mit den späten Anstoßzeiten steht schon vorab ein kleiner Spielverderber der WM fest. Anderswo werden Sperrstunden aufgehoben, in Wien löst man das Problem österreichisch.

Wien. Bis zum ersten Anstoß am 12.Juni dauert es noch, aber ein Spielverderber dieser Fußballweltmeisterschaft, steht schon jetzt fest – zumindest für Europäer oder Bewohner weiter östlich gelegener Zeitzonen: die Zeitverschiebung. Und damit (die für uns) späten Anstoßzeiten. Einige der Matches, genau genommen zehn, beginnen um Mitternacht, eines um drei Uhr Früh, 18 um 22 Uhr. Die übrigen Spiele starten mit Anpfiff um 18 oder 21 Uhr zu verträglicheren Zeiten. Und während sich der eine oder andere Fan ob der langen Fußballnächte vorsorglich freigenommen hat, fürchten die Veranstalter, das Fußballfest könnte ein nicht ganz so gutes Geschäft sein wie die Welt- und Europameisterschaften zuvor. Denn die Auflagen der Behörden, die Sperrstunden der Gastgärten und der Lärmschutz, werden die Übertragung einiger Spiele auf großer Leinwand verhindern.

In Deutschland diskutiert man derzeit einen späteren Schulbeginn an Tagen nach Deutschland-Matches, der dortige Bundesrat hat jüngst Ausnahmen von den Lärmschutzregeln für die Dauer der Spiele beschlossen. Damit haben Kommunen die Möglichkeit, spät nachts Public Viewing zu genehmigen – und empfindliche Nachbarn können die Polizei nicht mehr rufen. In Großbritannien hat sich die Regierung des Problems angenommen, man sei der Überzeugung, die Spiele Englands seien ein „Anlass außerordentlicher nationaler Bedeutung“, und so dürfen die Pubs und Bars bei den Spielen der Briten ihre Sperrstunde auf nach den Schlusspfiff verlegen.

Wiener Gentlemen's Agreement

Nationale Bedeutung hat die WM in Österreich wohl nicht – und so gibt es auch keine offizielle Regelung zu Sperrstunde und Lärmschutz. Wohl aber eine österreichische Lösung. Das heißt: So lange sich niemand aufregt, wird niemand darauf beharren, dass ein Bildschirm während eines Spiels abgedreht wird, die Gäste nach Hause geschickt werden, weil die Sperrstunde anstünde. Willy Turecek, der Sprecher der Wiener Gastronomen in der Wirtschaftskammer, spricht von einem „Gentlemen's Agreement“: Die Bezirksämter in Wien hätten zugesagt, bei Übertretungen der Sperrstunde während der WM nicht einzuschreiten, solange es keine massiven Beschwerden von Anrainern gibt – sich also so verhalten wie bei anderen Fußballevents in der Vergangenheit.

Private Anzeigen kann es allerdings geben, und so empfiehlt die Kammer ihren Mitgliedern, an kritischen Tagen die Sperrstundenüberschreitung vorab von der Polizei genehmigen zu lassen. In Schanigärten dürfen aber keine Spiele, die nach 22 Uhr beginnen, gezeigt werden. Bei früherem Beginn und in den Lokalen würden die Behörden aber großzügig sein.

Auf die späten Spiele wollen auch die großen Anbieter am Donaukanal verzichten: Rudi Konar, Geschäftsführer der Strandbar Hermann, kündigt an, auf seiner Leinwand würden nur Spiele bis Anpfiff 22 Uhr gezeigt. „Aus Rücksicht auf die Anrainer“, sagt er. Und ähnlich dürften wohl die Betreiber der anderen Donaukanal-Locations, die gemeinsam so etwas wie die inoffizielle Wiener Fanmeile darstellen, vorgehen. Andreas Teltscher, Geschäftsführer von Badeschiff und Adria Wien, kündigt an, dass dort ebenfalls die Spiele mit Anpfiff sechs, neun und zehn Uhr abends zu sehen sein werden.

Open Air nur bis Anpfiff 22 Uhr

Alle 64 Spiele werden dafür im Inneren des Badeschiffs gezeigt, auch beim Public Viewing in der Pratersauna, im Alten AKH, im Chelsea oder im WUK werden die späten Spiele zu sehen sein. Aber, die sind zum Teil wohl Minderheitenprogramm: Um Mitternacht beginnen nur Spiele der Gruppenphase, ab dem Achtelfinale starten Spiele spätestens um zehn. Bei dem einen Spiel, das um drei Uhr Früh unserer Zeit beginnt, treten Elfenbeinküste und Japan an. Und da blieben wohl selbst die Liegestühle der Strandbar Hermann einmal leer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2014)

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