Kampf der Stromautobahn

380 KV RINGLEITUNG DURCH DIE STEIERMARK
380 KV RINGLEITUNG DURCH DIE STEIERMARK(c) APA (VERBUND AUSTRIAN POWER GRID AG)
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Der Verbund plant eine 380-kV-Leitung quer durch Salzburg. Die Gegner fordern nun, diese teilweise als Erdkabel zu führen.

Salzburg. 113 Kilometer Länge, 39 betroffene Gemeinde, 451 Masten: Das sind die Zahlen zu einem seit Jahren schwelenden Konflikt im Bundesland Salzburg. Die Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG) plant eine Starkstromleitung zwischen Elixhausen im Norden der Stadt Salzburg und Kaprun. Sie soll als letztes Teilstück den 380-Kilovolt-Ring in Österreich schließen und damit die Stromversorgung absichern.

Am Montag beginnt die mündliche Verhandlung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Für die Gegner der Leitung eine Gelegenheit, wieder gegen die ungeliebte Stromautobahn mobil zu machen. Die Behörde muss sich mit 1350 Einwendungen befassen. Viele Anrainer und Gemeinden entlang der Trasse vom Flachgau in den Pinzgau verlangen statt der von der APG eingereichten Freileitung eine Teilverkabelung.

Eine UVP-Verhandlung in dieser Größenordnung wurde in Salzburg bisher nicht abgehalten. Um alle Behörden- und Parteienvertreter, Gutachter, Experten und Journalisten unterzubringen, wurde das Verfahren in das Salzburger Messezentrum verlegt. „Wir schätzen, dass von uns rund 500 Leute kommen“, sagte Elmar Niederkofler, Vorstand der IG-Erdkabel und einer der betroffenen Anrainer. „Es können aber auch 1000 sein.“ Das Ziel der Initiative: die Freileitung verhindern. Dort, wo die Trasse nahe an bewohntes Gebiet heranrückt – nicht überall wird der vom Salzburger Landeselektrizitätsgesetz geforderte Mindestabstand von 200 bzw. 400 Metern eingehalten –, soll die Leitung unter die Erde. Ein Ansinnen, das die APG ablehnt: zu teuer und nicht Stand der Technik.

Damit die Leitungsgegner vor der Behörde auf Augenhöhe mit den Projektbetreibern reden können, haben sie sich technisch und inhaltlich gerüstet. Das 1800 Seiten umfassende Umweltverträglichkeitsgutachten, das Ende 2013 veröffentlicht wurde, kennen sie bis ins Detail. „Jeder im Vorstand hat sein Fachgebiet“, erzählte Niederkofler. Er will nicht nur inhaltliche Einwände vorbringen, sondern am Montag auch Verfahrensmängel und Unvereinbarkeiten aufzeigen.

Die Presse

Baustart: Frühestens 2016

Unterstützung für ihre Forderung nach einer Teilverkabelung erwarten sich die Anrainer und Gemeinden von der Politik. Immerhin sind seit einem Jahr die Grünen in der Regierung für Umwelt- und Naturschutz zuständig. Jahrelang hatte die – damals noch rot-schwarze – Salzburger Politik die Hoffnung auf eine Teilverkabelung geschürt und damit Stimmung im Wahlkampf gemacht. Auch Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler hatte die Notwendigkeit der Leitung immer wieder infrage gestellt. Nun ist „ihre“ Behörde am Zug. Rössler will sich am ersten Tag ein Bild von der Verhandlung machen.

Das Naturschutz-Gutachten im UVP-Verfahren sieht „bedeutend nachteilige Auswirkungen“ des Projekts. Die anderen Gutachter stellten den Plänen ein durchwegs gutes Zeugnis aus und sehen keine negativen Folgen. Von Montag bis Donnerstag wird eine Expertise nach der anderen thematisch abgehandelt.

Am meisten Widerstand gibt es in den stark besiedelten Salzburger Umlandgemeinden wie Eugendorf und Koppl. Um die Proteste aus der Stadt Salzburg zu besänftigen und die Aussicht auf den Stadtberg nicht zu beeinträchtigen, verläuft die Trasse hinter Nockstein und Gaisberg. Hartnäckige Widerstandsnester gegen die Leitung gibt es auch in Bad Vigaun, Adnet oder in Bruck im Pinzgau. Die Landesumweltanwaltschaft stellte unter anderem fest, dass es im Fuschertal im Pinzgau, bei den Salzachöfen, in Scheffau im Tennengau und am Nockstein ökologisch und landschaftlich schwere Eingriffe durch die Leitung gebe.

Nach der viertägigen mündlichen Verhandlung wird die Behörde den UVP-Bescheid ausarbeiten. Er könnte im Herbst vorliegen. Egal wie die Entscheidung lautet, Berufungen sind unausweichlich. Der Spatenstich wird frühestens im Jahr 2016 erfolgen. Der erste Abschnitt der Leitung, jener von St. Peter im Hart in Oberösterreich nach Elixhausen, ist übrigens 2011 in Betrieb genommen worden. Auch da gab es heftigen Protest, der mittlerweile weitgehend verebbt ist. Man hat sich an die Masten gewöhnt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2014)

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