Was beim Stadthallenbad schiefging

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Beim Prozess um das Stadthallenbad wird um 9,1 Millionen Euro gestritten. Die Stadthalle klagt den Generalplaner auf entgangene Einnahmen und argumentiert auch mit dem volkswirtschaftlichen Schaden durch das geschlossene Bad.

Wien. Das Bad hat wieder offen, aber der eigentliche Kampf hat erst begonnen. Vor Gericht wird der Schuldige im Stadthallenbadsanierungsdebakel gesucht. Der Streitwert ist hoch, und es gibt viel zu verlieren. Der eine muss um seine Existenz zittern und hat seinen Ruf als Generalplaner zu verlieren. Die Wiener Stadthalle riskiert den Vorwurf, erheblich Steuergeld verschleudert zu haben. 9,1 Millionen Euro lautet der Streitwert – auf diesen Betrag hat die Wiener Stadthalle den ehemaligen Generalplaner, Georg Driendl, wegen der Stadthallenbadsanierung geklagt.

Eine Entscheidung wird dauern: Baurechtsstreitigkeiten brauchen oft Jahre und am Ende steht meist ein Vergleich. Ganze 300 Planungsfehler soll es bei diesem Projekt durch das Büro von Generalplaner Driendl im Laufe der Sanierung gegeben haben. Erst 117 Themen sind vor Gericht anhängig – die anderen könnten später noch folgen.

Unter der Hand erzählt man sich schon längst, dass es ein Fehler des Generalplaners war, die Stadt als Erstes zu klagen, indem er offene Honorare eingefordert hat. Normalerweise, ist aus dem Umfeld der Stadt zu hören, verhalte man sich in solchen Fällen ruhig, lasse die Stadt ihr Gesicht wahren und regle die Sache danach, abseits der Öffentlichkeit. Nur dieses Mal läuft es anders. Was sind die größten Streitpunkte? „Die Presse“ liefert einen Überblick.

•Vorprojekt und Kontrollen. Wer die Badsanierung verfolgt hat, wird immer bei einer Frage landen: Wer wusste was? Das Sanierungsdebakel ist auch entstanden, weil – so argumentierte auch das Kontrollamt in seinem Bericht 2012 – nicht klar war, in welch schlechtem Zustand das Bad überhaupt war. Anstatt die Bausubstanz vor Sanierungsbeginn zu überprüfen, heißt es im Bericht, beließ man es bei Sichtkontrollen. Für tiefgreifende Kontrollen hätte man das Bad sperren müssen – und das wollte die Stadthalle nicht. Diese argumentiert wiederum, den Generalplaner für weitere Untersuchungen verpflichtet zu haben. Der sieht das anders: Er habe die Sanierung auf Basis des Vorprojekts durchgeführt. Dessen Daten waren fehlerhaft und unvollständig. Die Stadthalle hätte keine umfangreiche Evaluierung des Bades in Auftrag gegeben.

•Hubboden und Hygiene. Durch einen Bedienungsfehler ist die Steuerung des Hubbodens im Stadthallenbad kurz vor der 2011 geplanten Wiedereröffnung gebrochen. Der Keller des Bades stand bei einem Medientermin unter Wasser. Wenig später wurde der Baustopp ausgerufen, der zweieinhalb Jahre anhalten sollte: Die Becken waren undicht, die Bäderhygiene funktionierte nicht. Letzteres, argumentiert die Stadthalle, hätte wegen der neuen (vom Generalplaner geplanten) Vertikaldurchstörmung nicht funktioniert. Der sagt, die Planung war Teil des Vorprojekts.

  • Beweissicherung und Baustopp. Die Beweissicherung hat länger gedauert, weil sie erweitert wurde. So wurde erst mit ihr die Tragfähigkeit der Becken untersucht. Diese Untersuchungen hätten vor Sanierungsbeginn durchgeführt werden müssen, kritisierten Generalplaner und andere beteiligte Firmen schon vor einem Jahr in der „Presse“. Stadthallenbad-Chefin Sandra Hofmann dementiert. In der Beweissicherung seien Untersuchungen nachgeholt worden, die der Generalplaner hätte durchführen sollen.
  • Planung und Ausführung.Der Generalplaner werde für fehlerhafte Arbeiten zur Verantwortung gezogen, obwohl für die Ausführung andere Firmen verantwortlich sind – so lautet einer der Kritikpunkte von Generalplaner Driendl in seinem Prozess. So wird etwa gestritten, ob er für eine nicht durchgeführte Hallenreinigung verantwortlich ist. Ja, befindet die Stadthalle: Die Hallenreinigung konnte deshalb nicht stattfinden, weil der Generalplaner mit seinem Terminplan im Verzug war.
  • Einnahmen und Gesundheit. 2,6 Millionen Euro an entgangenen Einnahmen will die Stadthalle vom Generalplaner, weil das Bad geschlossen war. Weiters argumentiert die Stadthalle mit einem entgangenen „volkswirtschaftlichen Nutzen“ des Bades, der mit 265 Mio. Euro beziffert wird. Der Generalplaner ließ schon vor Monaten durch seinen Anwalt ausrichten, er hätte den Baustopp nicht ausgerufen. Zudem könnten öffentliche Bäder nicht kostendeckend geführt werden.
  • Dauer und Erweiterung. Warum dauerte die Sanierung so lang? Der Generalplaner argumentiert das mit zwei Dingen. Erstens hätte sich erst später der wahre Zustand des Bades herausgestellt, weiters sei der Leistungsumfang ständig erweitert worden. Etwa durch eine Adaptierung des Kassensystems, das auf Bestreben von Stadthallenbad-Chefin Sandra Hofmann installiert wurde. Die Stadthalle steht auf dem Standpunkt, der Projektumfang sei immer gleich gewesen.

Was im Übrigen einen gerichtlich bestellten Sachverständigen gewundert hat: Das sanierte Kassahäuschen wurde noch vor der gerichtlichen Beweissicherung abgerissen. Hofmann argumentiert das mit dem fehlenden Brandlastnachweis. „Ich hätte für das Kassahaus keine Betriebsgenehmigung bekommen.“ Das Kassahaus ist übrigens nicht Teil des Prozesses gegen Driendl – dafür ist wieder eine andere Firma zuständig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2014)

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