Illegale Zigarettenfabriken: Millionenstrafen für fünf Männer

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Das Gericht verhängte Haftstrafen zwischen zwölf Monaten und viereinhalb Jahren. Ein Angeklagter wurde im Zweifel freigesprochen.

Nach dem Auffliegen einer illegalen Zigaretten-Großproduktion in Tirol und Salzburg hat das Landesgericht Wels am Mittwoch fünf der sechs Angeklagten schuldig gesprochen. Sie wurden - nicht rechtskräftig - zu Haftstrafen zwischen zwölf Monaten und viereinhalb Jahren sowie zu Geldstrafen zwischen 20 und 85 Millionen Euro verurteilt.

Laut Vorsitzender ist es das größte Finanzstrafverfahren, das je in Österreich verhandelt wurde. Die Anklage warf den sechs Beschuldigten vor, sie hätten von 2002 bis 2004 in illegalen Fabriken in Brixen im Thale in Tirol beziehungsweise in Thalgau in Salzburg insgesamt 786 Millionen Zigaretten im Wert von 265 Millionen Euro hergestellt. Die Schadenshöhen, die den einzelnen Angeklagte zugerechnet wurden, bewegten sich im dreistelligen Millionenbereich, beim Rädelsführer waren es 425 Millionen Euro.

Es begann im Winter

Aufgeflogen ist die Affäre im Winter 2006: Deutsche Zollbeamte entdeckten in Koblenz und Köln zwei illegale Zigarettenfabriken. Zunächst waren die Betreiber unbekannt. Ihr Chef sei in Tirol, ergaben die Ermittlungen. Die dortigen Zollfahnder fanden die Identität des Mannes heraus. Es handelte sich um einen inzwischen 69-jährigen Oberösterreicher. Der Verdächtige soll anfangs in Brixen im Thale eine illegale Zigarettenfabrik betrieben haben. Danach habe er die bulgarischen Maschinen nach Thalgau und später nach Deutschland verlegt. Die erzeugten Zigaretten sind laut Staatsanwaltschaft unter anderem in Deutschland und Griechenland abgesetzt worden. Sie dürften auch in der Gastronomie und in Trafiken schwarz verkauft worden sein.

In den vergangenen neun Wochen musste sich der Mann gemeinsam mit fünf weiteren Beschuldigten vor Gericht verantworten. Am Mittwoch wurde ein Angeklagter im Zweifel freigesprochen. Die anderen erhielten - bei einem Rahmen von bis zu fünf Jahren - Haftstrafen von viereinhalb, drei, zwei bzw. in zwei Fällen einem Jahr. Hinzu kommen Geldstrafen in der Höhe von 20 bis 85 Millionen Euro. Die Ersatzfreiheitsstrafen dafür könne aber maximal 24 Monate betragen, so das Gericht. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, ein Angeklagter erbat sich Bedenkzeit, vier Verteidiger meldeten sofort Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Der Hauptangeklagte habe das Verfahren "jahrzehntelang verschleppt", sagte die Richterin. "Er hat jede Möglichkeit genutzt, den Prozess zu torpedieren." Denn die Anklage gegen den Mann war bereits seit Jahren fertig. Zuvor war gegen ihn in Wels ein weiteres Verfahren wegen Betrugs, Untreue und Krida im Zusammenhang mit millionenschweren Firmenpleiten anhängig. Aber es kam nie zum Prozess, weil er immer wieder vorgab, zu krank zu sein. Unter anderem will er an Demenz und Alzheimer leiden. Zuletzt ergaben aber Gutachten von Sachverständigen, dass der Mann sehr wohl uneingeschränkt verhandlungsfähig sei. Deshalb wurde er im Jänner 2014 verhaftet, das Gerichtsverfahren konnte starten. Am ersten Tag der ersten Hauptverhandlung verharrte er regungslos in seinem Transportstuhl. Schließlich wurde in seiner Abwesenheit weitergemacht, sogar das Urteil erwartete der Mann in seiner Zelle.

Ein erstes Teilurteil gegen den Mann hatte das Schöffengericht schon Anfang Juli gefällt: Er fasste wegen Sozialbetruges drei Jahre Haft aus. Er soll mit falschen Angaben jahrelang erhöhtes Pflegegeld - insgesamt 62.000 Euro - kassiert haben.

(APA)

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