Sommersport: Steile Wände, schnelles Wasser

THEMENBILD:  STEIERMARK-WAHL / LAeNDERPORTRAeT / DACHSTEIN
THEMENBILD: STEIERMARK-WAHL / LAeNDERPORTRAeT / DACHSTEINAPA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Lieber klettern oder Kajak fahren? Lieber Schneeberg oder Salza? Oder beides? Die Sommerfrische-Serie ist diesmal eine konditionelle Herausforderung.

Was wollen die Österreicher im Urlaub? Endlich entspannen, lautet die Standardantwort. Manchmal aber ist Anspannung der beste Weg dorthin. Wer – gut vorbereitet und gesichert – eine Kajakfahrt ausprobiert oder sich auf einer Gipfeltour den Ausblick hart erarbeitet, sammelt Erinnerungen, die länger halten als jene an ein paar verträumte Stunden im Liegestuhl. Die Sommerfrische gibt diesmal Tipps für Erlebnisse, die man nicht so schnell vergisst.

Adamekhütte Dachstein: Paradies für Kletterer

Und dann sitzt man auf der Bank vor der Hütte, die letzten Strahlen der Abendsonne tauchen Dachstein und Mitterspitz in ein warmes Licht – und plötzlich fällt einem Christoph Schlingensief ein: „So schön wie hier kann's im Himmel gar nicht sein“, nannte der der 2010 verstorbene Künstler sein Buch über seine Krebserkrankung. Die Abendstimmungen auf der Adamekhütte zu erleben (einst am Fuß des Großen Gosaugletschers gelegen, doch der Gletscher hat längst die Flucht ergriffen), gehört wohl zum Schönsten, was die österreichische Bergwelt zu bieten hat. Die Gäste wissen, was sie an diesem Refugium auf 2196m Höhe haben, auch, weil der Bergführer Hans Gapp auf der oberösterreichischen Seite des Dachsteins die Umgebung der Hütte zu einem Genusskletterparadies allererster Güte ausgebaut hat: Schreiberwand, Hohe Schneebergwand, Hohes Kreuz, vieles im dritten bis fünften Grad, bestens mit Bohrhaken abgesichert. Und wenn's sein muss, nimmt einen der Hans auch mit auf den Hohen Dachstein. Obwohl da ja jeder hinwill. hd

St. Anton: Gipfelausblick, Hobby- und Extremsport

Vor allem bei betuchten englischen, russischen und deutschen Touristen seit Jahrzehnten als luxuriöser Wintersportort beliebt, wird diese Zuschreibung der 2500-Einwohner-Gemeinde am Fuß des Arlbergpasses schon lang nicht mehr gerecht. Anders als viele andere Skiregionen in Tirol und Vorarlberg ist St. Anton auch in den Sommermonaten alles andere als ausgestorben. Neben Kletterern, Fischern und Montainbikern nutzen auch immer mehr Golfer, Nordic Walker und Paragleiter die optimalen Bedingungen in den Lechtaler Alpen. Zur weltweiten Bekanntheit des Ortes hat neben der alpinen Skiweltmeisterschaft 2001 das europaweit einzigartige Bergfilmfestival St. Anton beigetragen, bei dem seit 20 Jahren jeden Sommer Ende August prominente Extremsportler aus aller Welt ihre Dokumentarfilme uraufführen. Urlaubern sei ein Ausflug auf die Valluga empfohlen – dem mit 2809m höchsten Gipfel im Arlberggebiet, von wo aus man kilometerweit nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz blicken kann. Erreichbar je nach Fitness zu Fuß oder per Lift. kb

Wild, Alpen, Wildalpen: Kajak auf der Salza

Entweder lässt man es irgendwann sein, bekommt es plötzlich mit der Angst zu tun, wenn einen die Salza zum ersten Mal länger und unangenehmer durchs Wasser schleift. Oder man wird süchtig: nach dem Kitzel des Risikos, dem rasanten Treiben durch die wilde Landschaft, nach der Landschaft selbst, die so urtümlich und schroff wirkt, dass man sich in Zeiten zurückversetzt fühlt, in denen die Steiermark von Wald bedeckt war und der Mensch ein seltener Eindringling. Wildalpen ist das Paradies der Wildwasserpaddler. Wem ein Tag nicht reicht, der kann auf dem Campingplatz oder im gemütlichen Haus der Naturfreunde übernachten. Nicht nur das Rafting-, auch das Kajakfahren auf der Salza ist ein Gemeinschaftserlebnis – auch weil der Zirbenschnaps danach in Gesellschaft noch besser schmeckt. sim

Wo man den Schneeberg fast für sich allein hat

Am schönsten ist der Schneeberg, wenn man nicht oben ist. Dies ist keine Aufforderung, den Riegel, der da so imposant in der Puchberger Landschaft sitzt, lieber vom Wirtshaus im Tal aus zu betrachten. Sondern es bei der halben Höhe bewenden zu lassen. Denn oben, da sind die anderen auch. Und zwar ziemlich viele von ihnen, dank der Zahnradbahn, die ziemlich abenteuerlich ist – von der Preisgestaltung her. Selten liegen die diskutablen Segnungen des alpinen Massentourismus und die von manchen ja doch noch ersehnte Ruhe im Gebirge so nahe beieinander wie am Schneeberg. Also, den Rucksack gepackt, sich in Puchberg beim Rhabek (beste Fleischerei von überhaupt) verproviantieren, dann entweder von Losenheim rauf auf den Fadensattel oder von Puchberg die Forststraße hinauf bis zur Bahnstation Baumgartner und wählen: vorn rum, oder hinten rum. Es ist jedes Mal wieder rätselhaft, warum die Grafensteige so wenig begangen sind. Hier wird kein Geheimtipp verraten, sie stehen in jedem Wanderführer. Also, wer es gern schattig hat und tolle Ausblicke auf Puchberg genießen will, nimmt den nördlichen, gemütlicheren. Wer auf Kargheit steht und ein bisschen mehr Kondition mitbringt, wählt den südlichen – und nimmt bitte genug Wasser mit, die Sonne kann hier unerbittlich sein. Die Kienthalerhütte hat nur am Wochenende offen! hd

Kreuzeck-Höhenweg: Fast allein im Gestein

Dem Wanderer soll's recht sein: Aus unerfindlichen Gründen ist das Kreuzeck zwischen dem Oberen Drautal und dem Mölltal unbegangener als die anderen Gebirgsstöcke rundum. Dabei gehört die südlichste Berggruppe zu den schönsten der Hohen Tauern: stille, fast magisch anmutende hochalpine Landschaft, weitgehend vegetationslos, voller Zeichen der Erosion. Über der Baumgrenze und den Almweiden scheint die Farbe wie ausradiert, dafür kommt das bleiche Gelände fast grafisch zur Geltung. Man möchte so lang wie möglich oben bleiben, so allein im Gestein. Kann man: Ein 52 Kilometer langer Höhenweg zwischen Kolbnitz und Lainach verbindet Gipfel knapp unter der Dreitausendermarke, führt entlang von Scharten, Törl und vielen kleinen Bergseen. In Tagesabstand liegen vier kleine, meist urige Hütten (das Anna-Schutzhaus ließ etwa der Maler Franz von Defregger errichten), in denen die meisten Wanderer beschließen, besser doch noch einen Gipfel mitzunehmen, als ins Tal abzusteigen. Trittsicher sollte man jedenfalls sein, um diese anspruchsvolle Tour zu machen, die optisch alles gibt: Der Blick reicht bis in die Lienzer und Sextener Dolomiten und die Riesen am Alpenhauptkamm. mad

Tipps

Dachstein. Adamekhütte als Stützpunkt für Klettertouren.

St. Anton: Kajak fahren und Rafting auf den Flüssen des Arlbergs.

Kreuzeck-Höhenweg.52 Kilometer in fünf Etappen. Idealer Einstieg mit Kreuzeckbahn ab Kolbitz. Kurztour: Aufstieg zur Salzkofelhütte und den Salzkofel, Abstieg in die Teuchl (früheres Bergwerkstal). www.tauernalpin.at

Schneeberg. Den Berg ohne Massenauflauf genießen auf den Grafensteigen.

Wildalpen. Hilft: Nach der Wasserfahrt einen Zirbenschnaps trinken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Oesterreich - Burgenland - Eisenstadt - Fussgeherzone
Wien

Ein Sommer aus Beton: Rein in die Stadt!

Neun gute Gründe, nicht aufs Land zu fahren: Die Sommerfrische-Serie zeigt diesmal die hitzefesten Seiten der Landeshauptstädte und verrät, wo man abends am besten gemeinsam trinkt.
THEMENBILD: WETTER
Reise

Sommer auf der Alm: Bunte Wiesen, schroffe Berge

Für unsere Urlaubsserie bereiste die "Presse am Sonntag" Österreichs schönste Almen – und wagte dabei auch einen lohnenden Abstecher nach Südtirol.
FEATURE 150 JAHRE SEMMERINGBAHN
Österreich

Nostalgie-Sommer: Die Wiederentdeckung der Langsamkeit

Semmering, Mariazell, Ischl und Goldegg: Wo man im besten Sinne altmodisch Urlaub macht, zeigt der Teil Nostalgie der Sommerfrische-Serie.
Traunstein am Traunsee
Reise

Urlaub in Österreich: Eine kleine Vermessung der Sommerfrische

Wer macht Urlaub in Österreich? Und wie verbringen die Österreicher ihre Ferien? Was treibt uns immer wieder an dieselben Orte? Von typischen Österreich-Urlaubern und den schönsten Seen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.