Tierschützer-Verhaftungen: „Konspirative Zellstrukturen“

(c) EPA (Evert-Jan Dani)
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Justiz. Seit 2006 zwei Millionen Schaden durch radikale Tierschützer. Am Mittwoch sind in ganz Österreich 23 Hausdurchsuchungen bei Tierschützern und verschiedenen Vereinen durchgeführt worden.

Wiener Neustadt/Wien. „Diese Aktion ist ein unglaublicher Willkürakt, man will uns mundtot machen.“ Harald Balluch ist entsetzt: Nachdem am Mittwoch in ganz Österreich zehn militante Tierschützer verhaftet worden sind, fühlt sich der Geschäftsführer des Vereins gegen Tierfabriken (VGT) – bisher vor allem durch plakative Demo-Aktionen gegen Pelze, Tiertansporte und die als „Hühner-KZ“ bezeichnete Massentierhaltung bekannt – als Justizopfer.

„Wir sind in den vergangenen Jahren mit unseren Aktionen immer sehr kritisch aufgetreten, etwa für ein Verbot der Käfighaltung. Das hat natürlich zu einem entsprechenden Feedback aus der Wirtschaft und von Jägern geführt, wir sind unbequem“, erklärt Balluch der „Presse“. Und „weil man trotz Beschattung und Lauschangriff nichts gegen den völlig gesetzeskonform operierenden VGT unternehmen kann, versucht man es jetzt auf die schmutzige Tour“.

Am Mittwoch sind in ganz Österreich 23 Hausdurchsuchungen bei Tierschützern und verschiedenen Vereinen durchgeführt worden; Unterlagen, Computer und Mobiltelefone wurden beschlagnahmt. Zehn Personen sind festgenommen und in die Justizanstalten Wiener Neustadt und Innsbruck gebracht worden, am Wochenende entscheidet sich, ob sie in Untersuchungshaft bleiben; einer der Verhafteten befindet sich seit Donnerstag im Hungerstreik. Vorgeworfen werden ihnen Brandstiftungen, Gasanschläge und Sabotageakte gegen Lebensmittelkonzerne, Bekleidungsketten, Pharmafirmen, Produzenten landwirtschaftlicher Produkte und jagdliche Einrichtungen.

„Die Aktion steht auf dem Boden der Strafprozessordnung, die Zwangsmaßnahmen sind von Richtern genehmigt“, sagt Johann Fuchs, Sprecher der Staatsanwalt Wiener Neustadt, unter deren Ägide die Operation stattgefunden hat.

International vernetzte Gruppe

Die Zugriffe auf die Tierschützer seien das Ergebnis jahrelanger Ermittlungen – und bei den Hausdurchsuchungen sei weiteres belastendes Material zu Tage gekommen, so Fuchs zur „Presse“. Die Beschuldigten sollen radikale Mitglieder einer militanten, international vernetzten Personengruppe sein, die während der vergangenen Jahre zahlreiche Delikte begangen habe. Als Begründung für die Aktion dient der Paragraf 278a des Strafgesetzbuchs, die „Kriminelle Organisation“. Weitere Details könne er im Moment nicht bekannt geben, die Ermittlungen laufen noch.

Im Innenministerium heißt es, dass Tierrechtsgruppen „rechtswidrige Aktivitäten mit Hilfe von konspirativen Zellstrukturen durchführen“. Bei diesen radikalen Gruppen handle es sich aber um eine Minderheit unter den Tierschützern, die sich hinter rechtskonformen Organisationen verstecke. Seit Herbst 2006 seien durch ihre Aktionen Schäden im Ausmaß von rund zwei Millionen Euro entstanden.

AUF EINEN BLICK

Am Mittwoch fand in ganz Österreich eine koordinierte Aktion gegen angeblich radikale Tierrechtsgruppen statt. Wegen „Krimineller Organisation“ (§ 178a StGB) wurden 23 Hausdurchsuchungen durchgeführt, zehn Personenverhaftet.
Die betroffenen Organisationen sprechen von „Willkür“, man wolle Kritiker mundtot machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2008)

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