Urlaubsgefühle für einen Tag

Die legendäre Museumsbahn „Wälderbähnle“ im Bregenzerwald.
Die legendäre Museumsbahn „Wälderbähnle“ im Bregenzerwald.APA / Birgit Köhlmeier
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Wer wegen des mäßigen Sommerwetters keinen Dauerurlaub riskiert, der findet bei Tagesausflügen lohnende Alternativen. »Presse«-Autoren erzählen von ihren ganz subjektiven Lieblingszielen.

Das eher durchwachsene Sommerwetter ist längst mehr als nur Thema für belanglosen Smalltalk. Es ist ärgerlich. Insbesondere für jene, die eigentlich einen längeren Urlaub in Österreich geplant haben.

Wer trotzdem raus aus der Großstadt will, findet rund um Wien (und natürlich auch im Westen des Landes) lohnende Tagesausflugsziele.

Die eher unbekannte Seite der Wachau

Wie bei vielen Dingen muss man sich auch hier entscheiden, ob man das Schöne aus der Ferne erfassen oder sich lieber in einem Detail verlieren will. Die Wachau ist zu jeder Jahreszeit atemberaubend, nur in der Nebelzeit ist der Blick vielleicht etwas eingeschränkt. Im Spätsommer kann man hier in barocken Übermut verfallen. Niemals sonst ist das Licht so schön, sind die Farben so leuchtend, die Weintrauben so unversehrt üppig wie auf einem alten Gemälde. Lieber einen Schritt zurücktreten und diese Pracht von der unbekannteren, der rechten Seite der Donau auf sich wirken lassen.

Wer einen besonders schönen Ausblick sucht, findet ihn etwa auf der Ferdinandswarte. Ausgangspunkt ist Mautern (längere Wegvariante) oder Unterbergern. Wer nicht in die Höhe will, kann Dürnstein, Weißenkirchen und die anderen bekannten Orte auf dem linken Donauufer von einem der vielen kleinen Heurigen gegenüber bewundern, etwa rund um Rossatz.

Kind und Ritter im Mann macht die Ruine Aggstein eine halbe Stunde weiter Richtung Melk glücklich. Die Sage vom Rosengärtlein gehört zu jenen, die man so schnell nicht mehr vergisst. Und im Burghof lässt es sich bei Waldviertler Mohnzelten und herrlichen Blechkuchen unkompliziert einkehren.

Mit der Rollfähre sollte man zwar unbedingt auch einmal die Donau überquert haben, etwa von Arnsdorf zurück auf die prominente Seite, aber sein Herz hat man zu diesem Zeitpunkt schon längst an die andere verschenkt. ki

Die Mumie von St. Thomas am Blasenstein

Selbst bezeichnet man sich ja als Sonnengemeinde. Doch die Entscheidung, gerade nach St.Thomas am Blasenstein einen Ausflug zu machen, wird dann doch eher von einem düsteren Timbre umschwebt. Was mit dem wohl berühmtesten Einwohner – wobei berühmt hier doch ein sehr regionaler Faktor ist – der Mühlviertler Marktgemeinde zu tun haben mag: dem „luftg'selchten Pfarrer“. Die Mumie, nach Volksmeinung handelt es sich um den 1746 verstorbenen Pfarrvikar Franz Xaver Sydler de Rosenegg, hat schon viele Ausflügler angelockt, denen Kairo dann doch zu weit weg war, um einen mumifizierten Körper im Glaskasten zu betrachten. Mit der Glasvitrine unterhalb der Pfarrkirche ist der Ausflug aber noch lange nicht beendet. Und es bleibt weiter eher düster – etwa mit dem gekreuzigten Jesus mit echtem Menschenhaar. Oder auch mit der „Buckelwehlucken“, einer riesigen Steinformation mit einer schmalen Spalte, durch die sich Gelenkige zwängen können – was angeblich gegen Kreuzweh hilft. Abgesehen davon gibt es rund um den kleinen Ort viel Wald und Natur – zum Wandern absolut ideal. Und um zu entdecken, dass die Sonnengemeinde dann wohl doch nicht ganz so düster ist. eko

Carnuntum rundum: Römer, Rotwein, Radl

Dass es den Römern in Carnuntum gefallen hat, ist verständlich: Die Donau fließt unberührt daran vorbei – gegenüber ist heute Nationalparkzone. Ein paar Erhebungen, die steppenrasenbewachsenen Hundsheimer Berge, sind zusätzlich eine natürliche Barriere. Der Wein gedeiht prächtig, das milde Klima begünstigt den Anbau. Und die Landschaft ist so flach bis sanft gewellt, dass sich ohne größeren baulichen Aufwand eine Zivil- und Militärstadt bemerkenswerten Ausmaßes hinstellen lässt.

Mit moderner Infrastruktur und Komfortstandard: Fußbodenheizung, fließendes Wasser, Latrinen, Küchen, Salons, Wandmalereien. Wie formidabel zumindest die antike Upperclass von Petronell-Carnuntum lebte, kann man sich im Archäologischen Park (www.carnuntum.co.at) genauer anschauen, Stück für Stück sind hier die wichtigsten Gebäudetypen rekonstruiert beziehungsweise freigelegt worden – ein Bürgerhaus, ein Stadtpalais, eine Therme.

Wobei die Arbeiten der Archäologen noch lange nicht abgeschlossen sind, 50.000 Stadtbewohner können einiges an Material hinterlassen. Weiter draußen, malerisch in der Landschaft, stehen das Heidentor und zwei Amphitheater, eines in Petronell, eines in Bad Deutsch-Altenburg. Zur Komplettierung des Kulturauftrags gibt's noch ein Museum.

Und weil einige Punkte ein bisschen auseinander liegen, überwindet ein bewegungslustiger Ausflügler die Distanzen bei einem Spaziergang. Oder noch besser mit dem Fahrrad – das Wegenetz wurde in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut.

Man könnte in der Gegend natürlich noch weitere Kreise mit dem Bike ziehen, was einerseits ein landschaftliches Ereignis ist – kleine Idyllen säumen den Weg –, allerdings den Nachteil hat, dass das Transportvolumen von Gepäckträger und Satteltasche begrenzt ist: Man wird in Göttlesbrunn, Höflein und Arbesthal nämlich Wein kaufen wollen, vor allem roten – Zweigelt, Blaufränkisch, auch Cabernet Sauvignon. (Vinotheken, Winzer, Heurigenkalender: www.donau.com/de/roemerland-carnuntum-marchfeld). Nicht auslassen sollte man einen Abstecher nach Prellenkirchen – wegen seiner Kellergasse am Fuße des Spitzerberges, vor allem heute, am Sonntag, wo viele (im Zuge der „Carnuntum Experience“, www.carnuntum-experience.com) geöffnet haben. mad

Wo's nach Kohlen und Schwefel riecht

Der Schöpfung sei Dank fürs limbische System! Das ist jener Teil des Gehirns, der dafür sorgt, dass man prägnante Gerüche mit vergangenen Situationen in Verbindung bringt – die springen dann so richtig in die Gegenwart. Bei mir passiert das etwa beim Damenparfum „Sun“ von Jil Sander. Oder bei Dampflokgeruch.

Das hängt mit dem „Wälderbähnle“ zusammen: Das war eine 1902 eröffnete Schmalspureisenbahn, die den schwer zugänglichen Bregenzerwald erschloss, auf einer 35 Kilometer langen, wildromantischen Urlandschaftsstrecke durchs Tal der Bregenzer Ach von Bregenz bis Bezau.

Anfang der 1980er hat man sie eingestellt. Als Kind habe ich den kohlig-schwefligen Rauch ihrer Dampfloks (Bj. 1902) inhaliert (es gab aber auch Dieselloks), und so zieht es mich gern dorthin zurück: Auf fünf Kilometern zwischen Bezau und Schwarzenberg betreibt ein Verein das Bähnle weiter. Fahrplan und Infos sind im Internet zu finden (www.waelderbaehnle.at), die Fahrt hin und zurück über grüne Ebenen und durch wilde Schluchten ist auch für Kinder eine Sensation – speziell bei „Nikolausfahrten“ im November und Dezember, wenn der Zug hält und Nikolaus aus dem Wald reitet.

In Bezau stärkt man sich im wunderschön geschindelten „Hirschen“ oder im „Engel“, wo der Wirt geniale Innereien macht. Käsknöpfle kriegt man natürlich auch, so wie bei Sennern den besten Käse Österreichs. Und wer avantgardistischen Mut hat, der geht zum Holzschuhmacher Devich (www.holzschuhe.at) und kauft Clogs mit Kuhfell drüber. Das geht sogar am Wiener Karmelitermarkt als Ethno-Chic durch. wg

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2014)

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