Den Zeltfesten droht das Aus

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Mitten in der Hochsaison der Vereins- und Jugendfeste wird eines nach dem anderen abgesagt. Die Discoszene bekämpft die "Paragastronomie", Vereine fürchten um ihre Existenz.

Die Betonparty in Laa an der Thaya, „Das Fest 2014“ der Jugendszene Ziersdorf, die Neonlightparty bei Horn – abgesagt. Das JVP-Fest in Siebenbrunn, die Moonlight Party in Weitersfeld – dasselbe Schicksal. Wäre der Sommer eigentlich die Hochsaison für Zeltfeste, Jugend- und Vereinspartys auf dem Land, so wurde besonders in Niederösterreich zuletzt eine Party nach der anderen oft spontan abgesagt, da die zuständige Behörde ihre Genehmigung zurückzog. In Vereinen, Gemeinden und bei beteiligten Gastronomen herrscht Aufregung und Unsicherheit. Vom drohenden Vereinssterben ist die Rede, ein Gemeindevertreter sprach gar von „Mord an Vereinen“, finanzieren sich diese doch mit ihren Festen.

Das große Festesterben ist seit einigen Monaten in Gange. Seit ein privater Verein namens Bündnis der Gastronomie Österreich, kurz BDGA, es sich zum Ziel gesetzt hat, Vereine und Veranstalter anzuzeigen, die Feste – der Ansicht der BDGA nach – illegal ausrichten, da sie nicht gemeinnützig seien. Seit der Gründung im Mai 2013 habe man „gut 100 Anzeigen“ eingebracht, so BDGA-Obmann Manfred Mader. 2014 wurden darauf etliche Feste untersagt.


Discos fürchten um ihr Geschäft. In erster Linie geht es dabei um Vereinsfeste. Vereine dürfen, sofern sie gemeinnützig sind, an drei Tagen im Jahr ohne Gewerbeberechtigung, ohne Konzession und ohne Anmeldung von Personal, Veranstaltungen abhalten. Auf dem Land bestimmen die tausenden Open-Air-Clubbings, die Zelt- und Dorffeste, die Feuerwehr- oder Stoppelfeldfeste das Partyleben der Landjugend im Sommer. Und das geht freilich zulasten der örtlichen Diskotheken.

Deren Betreiber stehen auch hinter dem umstrittenen Bündnis: „Wir sind komplett für das Vereinsleben. Aber, wir wenden uns gegen die Paragastronomie“, sagt Mader und fühlt sich zu Unrecht in der Rolle des Bösen, der Vereine und ihre Feste vernichten wolle. Man weise nur Behörden auf vermutete Missstände hin. Nämlich dann, wenn es mit der Gemeinnützigkeit eines Vereins nicht weit her sei. Wenn etwa, wie Mader sagt, Jugendvereine, bloß gegründet würden, um ohne große Auflagen Partys mit hunderten oder tausenden Besuchern veranstalten zu können – und mit dem steuergünstig verdienten Geld gemeinsamen nach Mallorca zu fahren. Denn für Vereinsveranstaltungen gibt es klare Regeln. Solche Feste dürfen laut Finanzministerium dazu dienen, das Vereinsleben zu finanzieren. Nicht aber dürfen sie einem kommerziellen Anbieter Konkurrenz machen. Beispielsweise dürfen Musiker, die dort auftreten, nicht mehr als 800 Euro Gage pro Stunde bekommen. Es sei aber vorgekommen, so Mader, dass bekannte Musiker auftreten, deren Gage ein Vielfaches dieser 800 Euro sei.

Gegen solche Trittbrettfahrer der gemeinnützigen Vereine geht auch die Wirtschaftskammer vor. Denn es geht um viel Geld. Allein in Niederösterreich machen Feuerwehren, Fußball- oder sonstige Vereine mit ihren etwa 10.000 Veranstaltungen laut Hochrechnungen der Kammer mehr als 45 Mio. Euro Umsatz. Im BDGA war sogar schon von 350 Mio. Euro Umsatz jährlich allein in Niederösterreich die Rede. Gewerbe- und steuerrechtlich sind Vereine begünstigt – und es gräbt den Diskotheken, Bars und Beiseln das Geschäft ab, wenn die gesammelte Dorfjugend ihre Wochenenden im Sommer auf Zeltfesten verbringt. Mader spricht von Diskotheken nur mehr als Saisonbetrieb von Oktober bis März – das sei vor wenigen Jahren noch anders gewesen. Und, auch Wiener Discos würden die Konkurrenz von Festen etwa im Bezirk Gänserndorf zunehmend spüren.


Detektive spionieren Feste aus.
Und dabei ziehen Kammer und BDGA an einem Strang: Dafür schickt die Kammer sogar Detektive zu Vereinsfesten. „Wir haben selbst im Vorjahr 65 Veranstaltungen der Finanzpolizei und den Lebensmittelinspektoren gemeldet, bei denen wir gewerberechtliche Übertretungen vermutet haben“, sagt Mario Pulker, der Obmann der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer NÖ. Schließlich müsse man verhindern, dass Trittbrettfahrer Feuerwehr, Rotem Kreuz, Musik- oder Sportvereinen schaden.

In einem anderen Punkt aber sind zuletzt auch die Kammer und das BDGA aneinandergeraten: Seit Kurzem, so Pulker, gehe das BDGA auch gegen Feste vor, die Gastronomen veranstalten. Diese hätten, so Pulker, laut Gewerbeordnung das Recht, eigene Feste zu veranstalten, ohne diese eigens genehmigen zu lassen. „Dass das Bdga vermehrt Gastronomen anzeigt, die außerhalb ihres Betriebsstandorts bei Veranstaltungen tätig sind, hat schon dazu geführt, dass traditionelle Feste abgesagt werden mussten“, sagt Pulker.

Vor allem aber sorgt es für Verunsicherung. Auch, weil die Rechtsmeinung nicht eindeutig zu sein scheint. „Die Bezirkshauptmannschaften haben anscheinend verschiedene Ansichten, die einen sagen nach den Anzeigen der BDGA Feste ab, andere nicht“, sagt er. Und das verunsichert die gemeinnützigen Vereine, geraten sie doch durch Trittbrettfahrer in den Pauschalverdacht, sich mit Festen illegal zu bereichern. Daher fordern Vertreter der traditionellen Vereine, zuletzt etwa Johann Gartner, der Präsident des ASVÖ Niederösterreich, klare Regeln und eine klare Definition der Gemeinnützigkeit. Sonst würde diese Unsicherheit tatsächlich zu einem Vereinssterben führen.

Discos vs. Vereine

Paragastronomie bezeichnet Zeltfeste, Vereinsfeste oder Partys von Jugendvereinen, von denen sich herkömmliche Gastronomen zunehmend als Konkurrenten bedroht sehen.

Die Vereine haben das Recht, an drei Tagen im Jahr eine Veranstaltung abzuhalten, ohne diese eigens genehmigen lassen zu müssen. Das gilt aber nur für gemeinnützige Vereine.

Das Bündnis der Gastronomie Österreichs (BDGA) ist ein Verein, der mit Anzeigen gegen Partys von Vereinen vorgeht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2014)

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