Sommerfrische gibt es auch auswärts

Der Strand in Lignano ist bereit für Gäste
Der Strand in Lignano ist bereit für Gäste(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein kleiner Ausflug oder ein paar Tage Entspannung – auch jenseits der Landesgrenzen gibt es dafür Klassiker, wo viele Österreicher anzutreffen sind. Die wichtigsten Strände, für die man nicht allzu weit fahren muss.

Ein Strand allein macht noch lange keinen Sommer. Das ist spätestens seit diesem August klar, als mangels Sonne die traditionellen Urlaubsorte der Österreicher an der Adria regelrecht verwaisten. Doch vielleicht ergibt sich ja noch kurzfristig eine Chance, dem einen oder anderen Hausstrand einen Besuch abzustatten.

Lignano: Es ist fast alles noch wie immer

Einst war Lignano gut in der Selbstvermarktung als Inbegriff des erreichbaren italienischen Badeorts. Schon 1935 gab man sich den Beinamen Sabbiadoro, Goldsand. Hier fuhr man bereits Ende des 19. Jahrhunderts von Marano aus mit dem Boot zum Baden hin. 1903 wurde für die Ausflügler eine Badeanstalt aus Holz errichtet. Dann kamen die Straße und die Hotels und 1975 sechs Millionen Touristen. Seither wieder weniger. In den Nullerjahren versuchte man, mit einer Neugestaltung der Fußgängerzone gegenzuwirken. Sie gab dem Ort den atmosphärischen Todesstoß. Trotzdem: Lignano, dieser Ort, wo jeder einmal als Kind war, hat immer noch diesen weichen Klang. Nach Sand, der hier nicht nur goldfarben, sondern auch besonders weich ist, nach Schauferl-, Küberl- und Luftmatratzengeschäften, nach Sala Giochi, Eis an jeder Ecke und diesen bunt blubbernden kalten Flüssigkeiten, die man nie jemanden trinken sieht. Es ist fast alles noch wie immer. Selbst die Tatsache, dass sich die Österreicher nicht merken können, dass in Linjano kein „g“ zu hören ist. tes

Grado: Erwin Pröll traf eine Entscheidung

Erwin Pröll hat eine klare Entscheidung getroffen: lieber in Grado mit der Familie als in Wien mit seinem ÖVP-Vorstand. Vergangene Woche sah man den niederösterreichischen Landeshauptmann viel in der Kleinstadt telefonieren, er verhandelte vom zweifellos schönsten Tourismusort an der Adria die Bestellung des neuen ÖVP-Parteiobmanns. Er ist nicht der einzige Politiker und Mensch mit Einfluss, der hier anzutreffen ist: Minister, Banker und bekannte Köche trifft man in der Fußgängerzone oder auf dem Rad. Denn das macht Grado so einnehmend: Nach kurzer Zeit nimmt man irgendwie am Kleinstadtleben teil, spaziert, trinkt ein schnelles Glas, spaziert, isst im Da Toni eine Pasta, spaziert und ist sehr schläfrig. Wer kleine Kinder hat und die bundesdeutsche Adria fürchtet, landet unweigerlich in Grado. Fast immer kehren die Kinder als Erwachsene wieder. Ein bisschen spießig ist es hier, vielleicht fühlen sich deswegen so viele Wiener und Grazer und aus deren Umgebung so wohl. Mehr Familien-Limousinen als in Grado führt kein Autohaus der Welt. Hier gibt es noch Pensionen mit echten Stammgästen, die am Vorabend ankreuzen müssen, was sie am nächsten Abend essen wollen. Für die Servietten gibt es eigene Kuverts zur Aufbewahrung. Wem das alles zu betulich wird, fährt in die nächstgelegene mondäne Großstadt und trinkt Sprudel auf der Piazza in Udine. no

Piran: Charme einer untouristischen Stadt

Wenn man hier am Meer liegt, am Kiesstrand, auf Beton oder in der Wiese und ziemlich sicher ohne Liegestuhl, lässt es sich bestens verächtlich in Richtung Oberitalien schauen und an den dortigen Liegestuhl-Overkill am Sandstrand blicken. Das alles hat das kleine slowenische Städtchen Piran in Istrien nämlich nicht. Weder kindertauglichen Strand noch Massentourismus der italienischen oberen Adria, über den man so gerne die Nase rümpft (bis man eigene Kinder hat und ihm nicht mehr auskommt). Für den gemütlichen Familienurlaub eignet sich Piran mit seiner felsigen, rauen Küste nämlich eher nicht. Ins wunderbar klare Wasser zu kommen, erfordert an manchen Stellen Klettergeschick (und jedenfalls Badeschuhe). Piran hat sich den Charme einer untouristischen Stadt bewahrt, auch wenn das längst nicht mehr der Realität entspricht. Das merkt man spätestens, wenn man abends ein Restaurant sucht, das sich nicht auf die einheitliche Cevapcici-Speisekarte verlässt. Nach wie vor ist Piran unsagbar billig: Für 2,50 Euro bekommt man in den kleinen Cafés rund um den Tartiniplatz und dessen Seitengasse zum Frühstück passablen Kaffee und wunderbare Schokocroissants. Speziell die Grazer lieben „ihr“ Piran. Das Risiko, dem Bankberater oder dem Chef über den Weg zu laufen, ist intakt. Und wem die aufdringlichen italienischen Kellner und die Touristenmassen fehlen: Nach Triest ist es nicht weit. Und wer es am Weg nach Piran gar nicht mehr aushält, stoppt in Izola und springt dort ins Wasser. mpm

Triest: Wo Essen zum Leibgericht wird

Italienische Wirte können ganz schön bestimmend sein: „Also dann bis nächstes Jahr.“ Bis dahin wusste ich nicht, dass ich auch 2013 wieder nach Triest kommen würde. Zum Glück hat es mir der Chef der „Siora Rosa“ mit sanfter Autorität gesagt. Widerspruch war da eher zwecklos, und so stand ich tatsächlich ein knappes Jahr später habtacht in dem klassischen Triestiner Buffet. Es gab Perlhuhn. „Das haben wir sonst nie.“ Ist aber trotzdem mein Leibgericht. Neben allen anderen.

Man muss nicht nur wegen des Essens nach Triest kommen, aber es ist ein ziemlich guter Grund. Selbst in Italien versteht man sich selten an einem Ort dermaßen gleichermaßen gut auf die Zubereitung von Fleisch wie Meeresgetier. Für Letzteres am Besten das Linienboot rüber nach Muggia nehmen, an den nicht mehr recht geschäftigen Hafenkränen vorbei. Muggia liegt gerade noch so in Italien – ein kleiner Spaziergang, und man ist in Slowenien – aber schon so istrisch, wie man istrisch sei kann. Im Dach-Restaurant der Fischerei-Kooperative sollte sich ein Platz organisieren lassen, und wenn man dann eine frische Brasse oder die so einfachen wie genialen frittierten Sardinen würdigt und den Blick über den beschaulichen Hafen von Muggia schweifen lässt, ist der Zufriedenheitspegel schon ziemlich hoch. Beim Abschied habe ich schon selbst gesagt: „Bis nächstes Jahr.“ Man ist ja lernfähig. hd

Gardasee: Das Meer der Tiroler

Nicht erst, seitdem man an seinen Ufern „Pizza con Wurstel“ bestellen kann, hat der Gardasee etwas Tirolerisches an sich. Zweitausender, Seilbahnen und grasende Kühe inklusive, umringen den größten See Italiens, der erst 1932 durch die Gardesana Occidentale vollständig erschlossen wurde: Über die Straße, die Arbeiter damals in den Fels sprengten, staunen Urlauber und Ingenieure noch heute. Der Gardasee ist ein Gebirgssee, aber er ist auch Meer. Im Sommer sind die zahlreichen Strände fest in den Händen bayrischer Surfer und Tiroler Wochenendausflügler, man spricht Deutsch. Dass der nördlichste Zipfel des 52 Kilometer langen Sees ein Teil Österreich-Ungarns war, vergessen aber viele. Ein Relikt aus jener Zeit ist der botanische Garten in Gardone Riviera, ein beliebtes Ausflugsziel. Angelegt wurde er 1913 vom Tiroler Promi-Zahnarzt Arthur Hruska. Umgestaltet und öffentlich zugänglich gemacht hat ihn André Heller, der lange Zeit in Italien lebte. Er erlag dem Charme des Gardasees wie schon vor ihm Wolfgang Goethe, Heinrich Mann oder Gustav Klimt. Der Schriftsteller Heinrich Laube notierte in den 1830er-Jahren, der Gardasee sei „das Kompendium Italiens für den Teutschen, aus dem er die Anfangsgründe italischer Schönheit erlernt.“ Besonders schön lernt es sich in der ehemaligen k.u.k.-Stadt Riva und in den Olivenhainen am Ostufer. sk

Opatija: Als hätte man Wien ans Meer verlegt

Es ist ein wenig, als hätte man Wien ans Meer verlegt. Das Hotel Imperial, die Gebäude im Wiener Stil der Jahrhundertwende, die das Ortsbild prägen, die k.u.k.-Folklore, die an jeder Ecke, in jeder Speisekarte zelebriert wird. Aber, ganz so nobel wie einst, als das mondäne Seebad der Wiener Upper Class des 19. Jahrhunderts als einer der ersten Urlaubsorte an der Adria entstand, ist das kroatische Städtchen heute nicht mehr. Ein wenig heruntergekommen, ein wenig verstaubt wirkt es heute. Und dazwischen das übliche Urlaubstreiben aus Eisgeschäften, aus Bars namens „Tantra“ oder „Monokini“ und Souvenir-Shops. Seit einigen Jahren wird der alte Ferienort aber wieder aufpoliert. Luxus- und Wellnesshotels haben sich angesiedelt, die Shops von Nobelmarken erinnern an die Zeit als Treff der Neureichen. Heute beleben junge Touristen und Paare den Ort. Die Jungen sitzen abends in Bars und Beach-Clubs, die Älteren spazieren entlang der Promenade „Lungomare“, die heute nach Kaiser Franz Joseph I. benannt ist. Familien sind eher rar, sind es doch auch die Badestrände. Badende liegen heute auf Betonflächen und -treppen, aufgereiht auf ihren Handtüchern und auf Sonnenliegen, die in Hundertschaften entlang der Promenade stehen. Aber schon im 19. Jahrhundert hat nicht das Bad im Meer, sondern eher das Casino oder die milde Meeresluft die Besucher angelockt, die sich dort – den Legenden nach, die man in Opatija noch gern erzählt, ihren sommerlichen Liebschaften gewidmet haben. Und, die damals jene Promenade entlang flaniert sind, die sich bis heute kaum verändert hat. Bloß, dass heute Bars oder Burger-Buden ein wenig Ballermann-Feeling ins alte Seebad bringen. cim

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2014)

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