Touristenbusse: Neue Route in Sicht

(c) Fabry Clemens
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Die Busbetreiber bieten Änderungen an, die Initiative kämpft weiter. Seit Anfang Mai führen zumindest drei Sightseeing-Bus-Routen durch den zweiten Bezirk.

Wien. Alle paar Minuten rauschen die Busse durch die Leopoldsgasse, vor dem Karmelitermarkt bleiben sie stehen. Touristen sieht man im Inneren kaum, auch steigt niemand aus. Minuten später kommt der nächste Bus – in der Taborstraße oder der Malzgasse geht es ähnlich zu. Die Anrainer im zweiten Bezirk sprechen von einem Sightseeing-Bus alle zwei bis drei Minuten.

Vis-à-vis der Kreuzung in der Leopoldsgasse, an der die Busse halten, sitzen die Anrainer, die diesen Bus-Corso täglich vor ihren Türen, Geschäften oder Lokalen beobachten. „Bis ins Schlafzimmer hinein schauen die Touristen aus den Doppeldecker-Bussen bei mir“, berichtet ein älterer Herr. „Wozu brauchen wir hier, in engen Gassen einer Wohngegend, solche Überlandbusse? An Wochentagen sitzt darin doch keine Handvoll Leute!“, so eine andere.

Seit Anfang Mai führen zumindest drei Sightseeing-Bus-Routen durch den zweiten Bezirk. Seit die Innenstadt zur Sperrzone für Touristenbusse erklärt wurde, weichen diese auf die Leopoldstadt aus. Die Bürgerinitiative „Pro Karmeliterviertel“ hat mittlerweile 1200 Unterschriften gegen diese „Busplage“ gesammelt. Langsam kommt Bewegung in die Sache mit den Touristenbussen, am Dienstag hat der zweite runde Tisch mit Vertretern der Initiative, des Bezirks, der Busunternehmen oder der Israelitischen Kultusgemeinde stattgefunden. Das Ziel der Initiative, das Karmeliterviertel analog zum ersten Bezirk zu einer Sperrzone für Touristenbusse zu machen, lehnen die Betreiber zwar ab. Aber, sie haben angeboten, ihre Routen abzuändern: Die „Vienna Sightseeing Tours“ etwa würden nicht mehr durch die Malzgasse fahren, sondern auf die Taborstraße und die Kleine Sperlgasse ausweichen.

Dass die Busse die Malzgasse in Zukunft möglicherweise meiden, hat auch Sicherheitsgründe: Die Landespolizeidirektion habe eine Gefährdung der polizeilich bewachten jüdischen Schule in der Malzgasse festgestellt und rate zu einer Routenänderung, so Verena Buxbaum von der Bürgerinitiative.

Ein weiterer Betreiber, Big Bus, habe angeboten, an Sonn- und Feiertagen nicht mehr durchs Viertel zu fahren. An den anderen Tagen aber wolle diese Firma ihre Route beibehalten.

Eine zweite Änderung, mit der sich die Lage im Karmeliterviertel wieder beruhigen könnte, ist ebenfalls in Aussicht: Eine Verlagerung des „Mini-Busbahnhofs“ am Augarten, von dem die Anrainer sprechen. Also die Umstiegsstelle zwischen zwei Hop-on-Hop-off-Linien, könnte an den Praterstern verlegt werden. Dafür setzt sich Bezirksvorsteher Karlheinz Hora (SPÖ) seit Längerem ein, bisher sei das aber am Veto der Wirtschaftskammer gescheitert. Beim runden Tisch hätten Kammer-Vertreter aber zugesagt, sich dieses Themas noch einmal annehmen zu wollen.

Anrainer wollen Busverbot

Und auch, wenn es um die Blockade der Busse der Linie 5A durch die Touristenbusse geht, ist Entspannung in Sicht: Noch dürfen die privaten Touristenbusse die Haltestelle der Wiener Linien in der Leopoldsgasse nutzen, das sei bis Ende März 2015 genehmigt. Der Bezirk, so Buxbaum, habe aber in Aussicht gestellt, dass diese Genehmigung nicht verlängert wird.

Die Anrainer allerdings sind mit diesen – in Aussicht gestellten – Änderungen nicht zufrieden, sie wollen sich weiter für eine Sperre des Bezirks für Touristen einsetzen. Eine Forderung, die die Bezirksleitung so aber ablehnt. (cim)

LEXIKON

Valorisierungsgesetz. Der Landtag hat 2007 das Gebühren-Valorisierungsgesetz beschlossen. Das klingt trocken, hat in der Praxis aber Auswirkungen auf jeden Wiener. Das Gesetz schreibt nämlich vor: Kommunale Gebühren werden automatisch (also ohne politischen Beschluss) erhöht, sobald der Verbraucherpreisindex die Drei-Prozent-Marke seit der vorigen Erhöhung überschritten hat. Valorisiert werden Gebühren für Wasser, Kanal, Parken etc. Auch die Wiener Linien richten sich nun nach der Inflationsrate.

Hintergrund. Eingeführt wurde das Valorisierungsgesetz, nachdem Gebühren (aus politischen Gründen) nur sehr selten erhöht wurden. Das führte zu dem Ergebnis, dass Gebühren (gerechnet wird immer die Inflationsrate seit der vorigen Erhöhung) plötzlich um bis zu 100 Prozent oder mehr angehoben werden mussten – was entsprechende Diskussionen nach sich zog. Deshalb beschloss die Stadtregierung, Gebühren ab 2007 mit der Inflationsrate zu erhöhen. Also in kürzeren Abständen, dafür mit einer geringeren Steigerung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2014)

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