Fall Bakary J.: Ex-Polizisten wollen Verfahren neu aufrollen

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In einem neuen Gutachten wird der Entstehungszeitpunkt einiger Verletzungen angezweifelt. Nun ist das Wiener Straflandesgericht am Zug.

Mehr als acht Jahre, nachdem im Fall Bakary J. vier Wega-Beamte wegen Quälens eines Gefangenen rechtskräftig verurteilt worden sind, wollen drei Ex-Polizisten das Verfahren neu aufrollen. Wie die "Kronen Zeitung" in ihrer Sonntag-Ausgabe berichtet, haben die im Zuge der polizeiinternen Aufarbeitung aus dem Polizeidienst entfernten Polizisten bei der Justiz einen Wiederaufnahme-Antrag eingebracht.

Gestützt wird dieses Ansinnen auf ein angebliches neues Gutachten sowie "Protokolle von Polizeiamtsärzten", aus denen sich ergeben soll, dass Bakary J. einige Verletzungen nicht am 7. April 2006 in einer Lagerhalle zugefügt wurden, sondern diese erst später zustande gekommen sind.

In Lagerhalle gefoltert

Der gebürtige Gambier hatte sich seiner Abschiebung widersetzt und im Flugzeug, das ihn zurück in seine Heimat bringen sollte, derartig heftig gewehrt, dass der Pilot die Maschine nicht startete.

Am Rückweg nach Wien steuerten die Wega-Beamten mit dem Gefangenen eine - mittlerweile abgerissene - Lagerhalle auf der Brigittenauer Lände an, wo der damals 32 Jahre alte Mann den gerichtlichen Feststellungen zufolge von drei Polizisten gefoltert und schwer verletzt wurde, während ein vierter Beamter vor der Halle Schmiere stand.

Der Amtsarzt, der Bakary J. unmittelbar nach den erlittenen Misshandlungen untersucht hatte, soll nun behaupten, dass zum Zeitpunkt seiner Begutachtung das rechte Auge des Mannes nicht derart stark angeschwollen war, wie es auf einem am darauf folgenden Tag angefertigten Foto zu sehen war, das medial verbreitet wurden. Er könne sich "mit meinem medizinischen Wissen nicht vorstellen, wie es nach weiteren 24 Stunden zu einer massiven Verstärkung der Schwellung gekommen sein kann", zitiert die "Krone" den Mediziner.

Ex-Polizisten: Vom Chef zu Geständnissen "gedrängt"

Vorwürfe erheben die drei Ex-Polizisten, die eine Neudurchführung des Strafverfahrens erwirken wollen, via "Krone" auch gegen ihren ehemaligen Dienstgeber. Dieser habe sie "zu entsprechenden Geständnissen gedrängt".

Ob die Wiederaufnahme genehmigt wird, muss das Wiener Straflandesgericht entscheiden. Chancen dafür sind nur dann gegeben, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht werden, die geeignet erscheinen, einen Freispruch oder eine mildere Verurteilung zu begründen.

Dass das Erstgericht seinerzeit über die Polizisten lediglich Bewährungsstrafen verhängt hatte, die nicht einmal automatisch ihren Amtsverlust bewirkten, hatte heftige Kritik von Menschenrechts-Organisationen ausgelöst.

Der Fall Bakary J.

Bakary J., der inzwischen mit einem regulären Aufenthaltstitel in Österreich lebt, hat von der Finanzprokuratur eine finanzielle Wiedergutmachung von 110.000 Euro für die erlittene Tortur erhalten. In einer gegen die Republik gerichteten Amtshaftungsklage fordert sein Anwalt Nikolaus Rast weitere 375.000 Euro und eine monatliche Pension von 1.000 Euro. Ein vom Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) bestellter Gutachter hat zuletzt jedoch Zweifel am Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung angemeldet. Die Kanzlei Rast lehnt diesen Sachverständigen wegen Befangenheit und Voreingenommenheit ab.

>> Bericht in der "Kronen Zeitung"

(APA)

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