„Sehr problematische Optik“

SPÖ und Grüne protestieren gegen Anwendung eines „Anti-Mafia-Paragrafen“.

WIEN (gr). Der Tierschutz-Krimi als Politikum – Grün-Sicherheitssprecher Peter Pilz: „Hier wird eine Anti-Mafia-Bestimmung für einen Angriff auf die Zivilgesellschaft missbraucht.“ Er habe den Eindruck, die Behörden seien „selber kriminell geworden“. Schuld sei Ex-Innenminister Günther Platter (VP), bei diesem manifestiere sich der politische Stil, hinter bloßen Missfallensbekundungen gleich kriminelle Absicht zu vermuten.

In dieselbe Kerbe schlagen auch die grüne Tierschutzsprecherin Brigid Weinzinger und die Chefin der NÖ-Grünen Madeleine Petrovic, seit kurzem Obfrau des Wiener Tierschutzvereins. Die Bestimmung des Paragrafen 278a StGB („Kriminelle Organisation“) sei so weit formuliert worden, dass auch die katholische Frauenbewegung als kriminelle Organisation verfolgt werden könnte, so Weinzinger. Eine „unheilige Allianz aus Tierschutzgegnern“ nutze diese – reformbedürftige – Bestimmung zur Aktivismus-Bekämpfung.

„Rechtsstaat mit Füßen treten“

Petrovic befürchtet, dass durch die Aktion, bei der „der Rechtsstaat mit Füßen getreten“ worden sei, ein Imageschaden für die Tierschützer entstanden sei: So habe etwa eine Tierschutzaktivistin ihren Job bei einem Sicherheitsunternehmen verloren. Tenor der Grün-Mandatare: Strafverfolgung sei zwar richtig, aber wegen einzelner Delikte. Mit einem Paragrafen vorzugehen, der zur Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität gedacht ist, sei falsch.

SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim sieht §278a nach den Festnahmen ebenfalls in einem anderen Licht, spricht von „sehr problematischer Optik.“ Der Rechtsanwalt und Parlamentarier findet, dass bei „vernünftiger Auslegung“ eine Anwendung des § 278a gegen Tierrechtsaktivisten nicht möglich sein dürfte: „Der Oberste Gerichtshof müsste das eigentlich korrigieren – und wenn er es nicht tut, muss man die Bestimmung legistisch nachbessern.“

Die FPÖ vermutet, dass es Verbindungen zwischen Verhafteten und den Grünen gebe und verweist auf den Verfassungsschutzbericht, in dem von der militanten Tierrechtsszene die Rede ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2008)

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