Geld fürs Gassi-Gehen: Hundesitter im Hochbetrieb

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

In der Ferienzeit sind Wiens Hundesitter gut gebucht. Ein idealer Job für Tierliebhaber, der aber nicht reich macht.

Der verschwitzte Mann, der ihnen auf dem Wienerberg entgegen kommt, schreckt sich sichtlich, sein Irish-Setter duckt sich sicherheitshalber flach auf den Kiesweg. Es ist sogar für Hundebesitzer ein nicht alltäglicher Anblick: Mit vier Hunden, darunter ein riesiger Rottweiler-Rüde, ist Petra Frischauf an diesem Vormittag unterwegs. In schnellem Tempo trotz drückender Hitze. Und beruflich. Ihr Job: Hundesitterin.

Vier Hunde, das macht vier verschiedene Leinen, an denen nicht selten in vier verschiedene Richtungen gezogen wird. Der eine, Rottweiler Gizmo, will zum nahen Teich, während Welpe Leni, ein vier Monate alter Parson-Russell-Terrier, versucht, einen verfaulten Apfel zu fressen. Eine logistische Herausforderung. Und eine Kraft-Frage. Hundesitterin Frischauf ist das Mit-vier-Hunden-Unterwegs-Sein gewöhnt, sie hat auch die Kondition dazu. Mit einem schnellen Griff zieht sie Leni den Apfel aus dem Maul. „Nein. Aus“, sagt sie bestimmt. „Sie nimmt derzeit alles in den Mund“, sagt sie erklärend.

Frischauf, die im Herbst an der Wiener Uni mit dem Keltologie-Studium beginnen wird, ist eine von rund 25 Tiersittern, die bei „reinehundesache“ arbeiten und stunden- oder tageweise auf Hunde aufpassen. Jetzt zur Ferienzeit werden viele Hunde vermehrt auch wochenweise abgegeben, während ihre Besitzer auf Urlaub fahren.

Drei Tage in der Woche passt Frischauf auf Leni auf, die anderen drei Hunde sind ihre eigenen. Als Hundesitterin arbeitet sie seit einigen Wochen, eine ideale Aufgabe für die Tierfreundin. „Ich mache das gern und ich gehe mit meinen Hunden sowieso spazieren“.

Eine ideale Aufgabe – wenn es auch zweifellos Ferienjobs gibt, bei denen man zu mehr Geld kommt: Von den 27 € die Lenis Besitzer pro Tag zahlt, bekommt Sitterin Frischauf 19 €, der Rest geht an die Agentur. Betreut man einen Hund stundenweise, verdient man als Sitter 8,40 € pro Stunde.

Wobei ein weiterer Hund durchaus mehr Arbeit bedeutet: Als Welpe ist Leni noch nicht erzogen und muss öfter als Frischaufs eigene Hunde raus. Bei Schlechtwetter (Regenschirm!) wird ein Spaziergang mit vier Hunden sowieso unmöglich. „Dann gehe ich zweimal, mit jeweils zwei Tieren“.

Dass ein Sitter auch eigene Hunde hat, kommt immer wieder vor. Bei einem Vorstellungsgespräch, bei dem Hundesitter-Koordinatorin Roya Hollnsteiner dabei ist, lernen sich nicht nur Sitter und Hundebesitzer kennen, sondern auch die Tiere. Im Fall von Leni und Frischaufs Tieren war schnell klar: Die mögen einander. Der Auftrag wurde erteilt, Details (Welches Futter bekommt der Hund? Darf er von der Leine gelassen werden? etc.) werden geklärt und im Vertrag festgeschrieben.

Mittlerweile ist Frischauf beim Teich angekommen, die Hunde stürzen begeistert ins Wasser. Eine ältere Frau in Badehaube, die gerade ihre Kreise im Teich zieht, dreht sich überrascht um.

Mit ihrer Trainer- und Therapieausbildung für Problemhunde sei Frischauf natürlich eine ideale Mitarbeitern, sagt Koordinatorin Hollnsteiner. Voraussetzung, um als Sitterin zu arbeiten, ist eine derartige Ausbildung aber nicht. Ab September, wenn die Agentur als „Pfotenzentrum“ neu startet (siehe Info-Box), will Hollnsteiner, selbst Hundetrainerin, die Sitter mehrere Tage lang schulen. „Ich möchte sie nach der neuen Schule ausbilden.“ Soll heißen: Statt Strafen wird bei den Tieren auf Motivation gesetzt. Folgen sie, werden sie belohnt. Nicht umsonst hat Frischauf eine Bauchtasche mit Leckerlis dabei.

Voraussetzung: Hunde-Erfahrung

Schon jetzt muss man Erfahrung mit Hunden vorweisen, um als Sitter arbeiten zu können. Die Mitarbeiter (die meisten Studenten und Pensionisten) sind auf Werkvertragsbasis beschäftigt und in der Betriebshaftpflichtversicherung mitversichert. Weiters muss der Hundebesitzer eine Haftpflichtversicherung vorweisen, falls sein Hund während der betreuten Zeit etwas anstellt. Gebraucht hat man die aber – abgesehen von einem zerbissenen Teppich im Haus einer Sitterin – noch nie.

Nach der Abkühlung im Teich spaziert Frischauf weiter. Entgegenkommende Hunde werden meist mit einem kollektiven Kläffen, mal laut (Rottweiler Gizmo), mal schüchtern (Welpe Leni), quittiert. Der Hunde-Gruppe, obwohl folgsam, begegnen viele Spaziergänger mit sichtlichem Respekt.

Den Job als Sitterin will Frischauf auch nach dem Sommer machen und sich so – und mit einem Stipendium – ihr Studium finanzieren. Ein Bürojob, sagt sie, sei nichts für sie. Sie müsse raus, unterwegs sein. Ihre Hunde wird das freuen.

Auf einen Blick

Ein Hundesitter-Service in Wien
bietet unter anderem der Verein „reinehundesache“ an. Ab September wird das Hundesitting ausgegliedert und zum „Pfotenzentrum“, dessen Mitarbeiter neben Hunden und Katzen dann auch andere Haustiere betreuen werden. Die Sitter bekommen eine mehrtägige Einschulung. Tiersitter werden laufend gesucht. Weiters werden Kurse angeboten, etwa Einzeltrainings mit Problemhunden. www.pfotenzentrum.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2008)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.