Ex-Cops: Polizeireform ist gescheitert

(c) APA (Georg Hochmuth
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Frühere Topbeamte fordern Regeln für Minister-Kabinett – Fekter: „Ewig Gestrige“.

WIEN. Zu Beginn der Ära Innenminister Ernst Strassers waren sie Spitzenbeamte: Max Edelbacher war Leiter des Wiener Sicherheitsbüros, Herwig Haidinger Chef des Bundeskriminalamts, Wolf Szymanski Legistiksektionschef. Dann wurden sie alle – der eine früher, der andere später – auf das Abstellgleis befördert. Am Freitag luden sie zu einer Pressekonferenz – und ritten schwere Attacken gegen die Polizeireform.

Während Szymanski und Edelbacher bereits in Pension sind, versieht Haidinger noch Dienst in der Sicherheitsakademie. Das Trio fordert Änderungen in der Kripo, gerade hier sei die Reform gescheitert. Neuerungen könnten, so die Vorstellung, in ein künftiges Regierungsprogramm einfließen. Wichtigste Punkte:
Zentralstellen wie das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Büro für interne Angelegenheiten sollten aus dem Verband des Innenministeriums gelöst werden und einen eigenen Behördenstatus erhalten.
Gesetzliche Regelung für Ministerkabinette: Es müsse sichergestellt sein, dass Anordnungen von Kabinettsmitgliedern auf die jeweiligen Entscheidungen des Ministers zurückzuführen sind. „Hier gibt es eine Unkultur, wenn ein Kabinettsmitarbeiter bei irgendjemandem im Ressort auftaucht und sagt: Der Minister will das. Hinterher will keiner etwas davon wissen“, kritisiert Szymanski.
Einführung eines „Vier-Augen-Modells“ in der Kripo: Polizeijuristen oder Staatsanwälte sollen Ermittlungsmaßnahmen prüfen. Damit sei eine „Qualitätskontrolle“ gegeben, so Edelbacher.

Der Auftritt von Exkriminalamtschef Haidinger hat schon im Vorfeld für Aufsehen gesorgt. Donnerstagabend soll ihm das Innenministerium untersagt haben, über aktuelle Polizeithemen zu sprechen. Da ihn aber VP-Sicherheitssprecher Günther Kössl in einer Aussendung persönlich attackiert habe (darin hieß es in Anspielung auf den Untersuchungsausschuss wörtlich: „Das Duo Pilz–Haidinger ist der beste Garant für Lügen und Vernaderung“, Anm.), spreche er hier, um sich zu verteidigen. Er sitze „als herabgewürdigtes Individuum Mensch hier“ und weise die Angriffe „auf das Schärfste zurück“. Er behalte sich daher auch eine Klage vor.

„Habe mich geschämt“

Haidinger ging wieder auf die Kriminalstatistik und die Zählpraxis des Innenministeriums ein. Er beteuerte erneut, ein Betrugsfall mit rund 46.000 Geschädigten sei 2004 gegen seinen Willen und auch gegen die damals geltende Vorschrift auf Weisung des Ministerkabinetts als eine einzige Straftat erfasst worden. Am Freitag sagte er dann: „Diese Vorschrift ist nach diesem Fall geändert worden, wegen dieses Falles.“

Zum Fall Kampusch und möglichen polizeilichen Fehlern in den Ermittlungen wollte sich Haidinger nicht äußern: „Da weiß ich zu viel“, meinte er kryptisch. In Bezug auf die Arbeit der Polizei sagte er aber: „Ich habe mich geschämt, als das alles herausgekommen ist. Jetzt müssen sich die schämen, die dafür verantwortlich sind.“

Replik von Innenministerin Maria Fekter auf die Aussagen der drei Exspitzenbeamten: „Ginge es nach den ewig Gestrigen, würden wir heute noch mit Block, Bleistift und schmuddeligen Beislbesuchen à la Kottan die sich ständig verändernde internationale Kriminalität bekämpfen.“ Man lebe in einer „schnelllebigen Polizeirealität, die nicht mit Ratschlägen aus der guten alten Zeit bewältigt werden kann“, sagte Fekter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2008)

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