Jugendvertreter diskutierten, wie man verhindern kann, dass Jugendliche radikalen islamischen Strömungen verfallen.
Die Islamophobie erlebe derzeit einen Höhepunkt in Österreich – die negativen Berichte über den Islamischen Staat (IS) hätten die Situation für heimische Muslime verschlechtert. Zu diesem Schluss kam eine Podiumsdiskussion zum Thema „Diskriminierung Jugendlicher“. Sie fand auf Einladung der Bundesjugendvertretung (BJV) Donnerstagabend in Wien statt.
So berichtete Saime Öztürk von der „Muslimischen Jugend Wien“ von Übergriffen auf muslimische Jugendliche. Sie würden in der U-Bahn angespuckt, einer Frau im Donauzentrum sei sogar das Kopftuch vom Kopf gerissen worden. Auch Politikwissenschaftler Farid Hafez berichtete von einer muslimischen Studentin in Österreich, die offenbar wegen der derzeit herrschenden Angst vor der islamistischen Terrorgruppe IS einen Job nicht bekam.
Unterschiedlicher sind die Ansichten, wie mit dem Thema umgegangen werden muss. Während Öztürk am liebsten hätte, dass man den IS gar nicht mit dem Islam in Verbindung bringt („Das sind religiöse Analphabeten. Sie wissen nur, dass Allah Gott heißt“), forderte BJV-Vorsitzende Johanna Tradinik ein „Bildungssystem, das alle gleich fördert“ und mehr Geld für Jugendorganisationen. Diese würden Jugendliche nämlich nicht nach ihrer Herkunft differenzieren. Anders formuliert: Wenn Jugendliche sich in Österreich wohlfühlen, sinke die Wahrscheinlichkeit, dass sie radikal werden. Freilich gibt es da auch ein Problem: Einen Zugang zu radikalen Jugendlichen hätten Jugendorganisationen ohnehin nicht, „da radikale Jugendliche mit dem Islam nichts zu tun haben“, sagt Öztürk.
Soziologe Kenan Güngör rief zur Mäßigung auf. Man könne nicht einfach sagen: „Ich bin gläubig, also kann ich mit dem IS nichts zu tun haben.“ Er fordert mehr Selbstkritik in der muslimischen Community: Man müsse sich Gedanken machen, wenn es Videos von Köpfungen gebe – und darunter auch Likes von Menschen aus Österreich seien. (win)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2014)