Denkmal: Che Guevara unter dem Donauturm

(c) Reuters (Bogdan Cristel)
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41 Jahre nach seinem Tode wird heute eine Bronzebüste von Che Guevara im Wiener Donaupark enthüllt.

Wien. So ein Bronzekopf ist ganz schön schwer. „Um die 50 Kilo“, sagt der Arbeiter. Sogar gemeinsam mit seinem Kollegen hat er Mühe, den 70Zentimeter großen Metallkopf am Mittwochnachmittag auf den über eineinhalb Meter hohen Betonsockel im Schatten des Donauturms zu hieven. Doch schließlich steht er. Und blickt forsch, die Stirn in drei tiefe Falten gelegt, mit leicht geöffnetem Mund ins ferne Grün.

„Jetzt passt er, der Plutzer“, sagt der Arbeiter zufrieden. Auf dem schlichten Silberschild, das er später anschrauben wird, ist zu lesen: Ernesto „Che“ Guevara. Revolutionär. Heute, Donnerstag, wird Ches Bronzebüste – „naturalistisch“ geformt von der Wiener Künstlerin Gerda Fassel – feierlich enthüllt. Der 9. Oktober ist Ches Todestag: Vor 41 Jahren wurde er in Bolivien erschossen. Sein Versuch, die sozialistische Revolution nach kubanischem Vorbild in andere Länder Lateinamerikas zu tragen, war gescheitert.

Obwohl Ernesto Guevaras Ehrung ziemlich spät kommt, das heutige Kuba schwerlich als Land der Freiheit gilt und sein Ruhm mittlerweile auch in Teilen der Linken angekratzt ist, werden bei der Eröffnung neben Gästen aus Kuba mehrere prominente SP-Politiker teilnehmen: So wollen Wiens Bürgermeister Michael Häupl und der frühere Minister Karl Blecha – er bezeichnete Che als Mensch, der ein „enormes Empfinden für Ungerechtigkeit und Ausbeutung“ gehabt habe – bei der Eröffnung Grußworte sprechen; auch ein Regierungsmitglied wird mit dabei sein, wenn es sein Terminplan erlaubt: Nochsozialminister Erwin Buchinger (SP).

Initiiert hat das Revolutionärsdenkmal ein Personenkomittee der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft (Vorsitzender ist, wenig verwunderlich, Karl Blecha), das in den vergangenen Monaten eine Finanzierungskampagne für die 28.000-Euro-teure Büste veranstaltet hat.

Popstar, Massenmörder

Für die einen ist Che heute eine entideologisierte Popikone, für die anderen ein sozialistischer Massenmörder – Kritiker beschuldigen Che, Regimegegner ermordet und das erste Arbeitslager Kubas errichtet zu haben.

Im linken Flügel der SPÖ hält man hingegen Ches Erbe hoch: Dort sieht man in Che einen Kämpfer für soziale Gerechtigkeit. Für Hans Mikosch, den Vorsitzenden der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft, hat die SPÖ ihre „Wurzeln im Sozialismus“ – sie strebe nach einer „anderen Gesellschaftsordnung“. Zwar sei das innerhalb der Partei umstritten, aber: „Einige halten an diesen Wurzeln fest.“ Kritik an der Aufstellung der Büste kam im Vorfeld von der ÖVP und der FPÖ. Die FPÖ wird bei der heutigen Enthüllung – zu der der Solidaritätsverein etwa 100 Gäste erwartet – gar mit Tafeln, auf denen Ches Untaten dokumentiert sind, mahnen, „am Rande der Veranstaltung“. Stören wolle man nicht, sagt Anton Mahdalik, Klubobmann der FPÖ-Donaustadt und Landtagsabgeordneter. Verwunderlich bleibt der Protest dennoch: Ausgerechnet FP-Parteichef Heinz-Christian Strache bediente sich im Wahlkampf der revolutionären Ikone – als „HC StraCHE“ mit Baskenmütze und (natürlich) blauem fünfzackigen Stern. Für Anton Mahdalik selbstredend kein Widerspruch: Strache habe lediglich „das Popstar-Image benutzt“, mit Revolutionscharme „kokettiert“. „Strache hat nichts mit einem Massenmörder zu tun“, verteidigt Mahdalik die FP-Kampagne.

Mikosch sieht diese als „gezielten Versuch, ein Symbol des revolutionären Widerstandes madigzumachen“. Dabei wären seiner Meinung Ches politische Ideen heute aktueller denn je – das sei der „Grund, warum er von rechten Kreisen mit Hass verfolgt wird“.

Umstritten ist (zumindest) die Che-Büste auch innerhalb der Solidaritätsbewegung: Der Bronzekopf kostet immerhin 28.000 Euro. Was die Spender betrifft, ist der Solidaritätsverein einsilbig. Lateinamerikanische Botschaften und einige Firmen sind darunter. Eine Tafel mit Spendernamen wird es vor der Büste nicht geben, sagt Mikosch.

Kapitalistische Unternehmen spenden also für einen echten antikapitalistischen Kämpfer: Mit diesem Widerspruch muss die SPÖ-Linke wohl noch einige Zeit leben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2008)

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