Statistik: Jugend-Kriminalität steigt massiv an

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Kriminalität in Österreich sinkt deutlich – die Anzeigen gegen kriminelle Kinder dagegen explodieren.

WIEN. Die Kriminalität in Österreich geht auf Sinkflug. Die jüngste Statistik (Jänner bis September), die am Freitag veröffentlicht wurde, weist österreichweit einen Rückgang auf 422.989 Anzeigen (-4,3 Prozent) auf. Vor allem Überfälle auf Wettbüros (-20,6 Prozent), Trafiken (-10 Prozent) und Fahrraddiebstähle (-4,5 Prozent) gingen signifikant zurück; was die Polizei auf eine Offensive bei der Präventionsarbeit zurückführt.

Spitzenreiter beim Rückgang der Kriminalität ist übrigens das Burgenland mit einem Minus von 10,4 Prozent. Dann folgen Salzburg (-8,9 Prozent) und Niederösterreich (-7,2 Prozent). Hier sprechen die Zahlen klar gegen die Befürchtung, dass mit dem Fall der Schengen-Grenze Ostösterreich von Kriminellen überflutet wird. In den burgenländischen Grenzbezirken sank die Zahl der Anzeigen um bis zu 23,19 Prozent (Oberwart). In den niederösterreichischen Grenzbezirken sanken die Anzeigen durchschnittlich um rund zwölf Prozent; Spitzenreiter ist Horn mit einem Minus von 31,27Prozent.

Allerdings profitiert nicht die gesamte Ostregion in gleichem Maße. Wien verzeichnet de facto eine Stagnation (-0,8 Prozent) und ist Schlusslicht unter den Bundesländern, allerdings nicht unter den Landeshauptstädten. St. Pölten und Klagenfurt liegen hinter Wien und verzeichnen sogar einen Anstieg bei den Anzeigen (+4,7 in St. Pölten bzw. +3,9 Prozent in Klagenfurt).

Plus 27,9 Prozent

Die erfreuliche Kriminalitätsstatistik hat auch Schattenseiten: Die Jugendkriminalität explodiert. Im Vergleich von Jänner bis September des Vorjahres stieg die Zahl polizeilicher Anzeigen im Bereich der Zehn- bis 14-Jährigen um 27,9Prozent auf 5003 Anzeigen. Nun will Justizministerin Maria Fekter der Kinderkriminalität „konsequent und nachhaltig begegnen“ sowie die Prävention ausbauen, wie sie erklärte – auch wenn Jugendforscher sich dagegen wehren, von einer „kriminellen Jugend“ zu sprechen (siehe Artikel unten). Fekter weiter: „Ziel ist es, unserer Jugend ein gewaltfreies Zusammenleben zu ermöglichen und deren Unrechtsbewusstsein zu fördern.“

Weniger dramatisch, aber ebenfalls entgegen dem allgemeinen Trend, sind Anzeigen gegen Kinder unter zehn Jahren gestiegen – um 1,2 Prozent (500 Anzeigen). Fekter verweist in diesem Zusammenhang auf 270 Präventionsbeamte, die speziell für den Bereich Jugendprävention ausgebildet wurden und nun im Einsatz sind.

Neben dem explosionsartigen Anstieg der Kinderkriminalität fallen aber noch zwei andere Fakten auf. Entgegen dem Trend der sinkenden Kriminalität sind in Österreich heuer nicht nur Sittlichkeitsverbrechen (+5,4 Prozent) gestiegen, sondern auch „strafbare Handlungen gegen Leib und Leben“ (+2,3 Prozent), wie es die Polizei in Amtsdeutsch formuliert. Was für das subjektive Sicherheitsgefühl der Österreicher aber besonders wichtig ist: Die sinkende Zahl von Einbrüchen (-6 Prozent) und Raubüberfällen (-7,3 Prozent).

Auf einen Blick

Kriminalitätsstatistik. Bis September ist die Zahl der Anzeigen signifikant gesunken (-4,3 Prozent). Das Problem sind deutlich steigende Zahlen im Bereich Kinder- und Jugendkriminalität, die um 28Prozent über dem Vorjahr liegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2008)

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