Gericht: Ein Kaufmann als Mafia-Pate?

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Ein russischer Unternehmer muss sich wegen versuchter Anstiftung zum Mord verantworten: Ein Verfahren voller Pannen.

WIEN. Dem in St.Petersburg geborenen Unternehmer Konstantin M. (40) wurde 2001 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen, 2006 wurde sie ihm wieder aberkannt. An seiner Geschäftstätigkeit, Import/Export-Handel mit der Ukraine, änderte dies nichts. So lange, bis ein Mitarbeiter von M. diesen mit Geldforderungen unter Druck setzte. M. wird nun vorgeworfen, er habe seinen Widersacher „liquidieren“ lassen wollen. Versuchte Anstiftung zum Mord, nennt das am Dienstag Staatsanwältin Michaela Schnell.

Abgesehen davon, dass der Streit zwischen Konstantin M. – er wird von seinem Verteidiger Harald Schuster demonstrativ als „Herr Diplomingenieur“ angesprochen – und seinem Mitarbeiter R. fünf Jahre her ist, scheint auch das Mordmotiv auf tönernen Füßen zu stehen. R. soll zur Zielscheibe geworden sein, weil er von M. 230.000 Euro Provision eingefordert habe. Einem, laut Anklage, auserkorenen Killer, einem ehemaligen Afghanistan-Kämpfer, der sich schlicht „Abdul“ nennen ließ, sollen 50.000 Euro geboten worden sein. Weitere 50.000 habe man dem Mann für ein Schussattentat auf M. selbst geboten; er hätte M. ins Bein schießen sollen, um den Verdacht von diesem abzulenken. Später sei dieser Plan fallen gelassen worden. Stattdessen hätte ein Brandanschlag auf den Mercedes (S-Klasse) von M. verübt werden sollen. Verteidigung: „Wenn man die Kosten für die angeblichen Attentate zusammenrechnet, hätte Herr Diplomingenieur M. seinem früheren Mitarbeiter genauso gut die 230.000 Euro zahlen können.“

Bei Aufarbeitung des Falles seien „Pannen und Ermittlungsfehler“ passiert, so die Verteidigung. Selbst der U-Richter ließ M. zweimal aus der U-Haft frei. Das Oberlandesgericht ließ M. zweimal wieder einliefern. Es ging allerdings davon aus, dass M. von einem Mittelsmann mit einer konkreten Aussage belastet wird. Dieses Zitat gibt es im Gerichtsakt aber nicht.

Staatsanwältin Schnell wiederum geht auf die polizeilichen Ermittlungen ein – und übt scharfe Kritik: „Ich habe den Eindruck, dass nicht alle ermittelnden Beamten ernsthaft an der Aufklärung des Sachverhalts interessiert waren.“ Aus der Polizei ist zu hören, dass die ehemalige Kriminaldirektion1 nur schleppend ermittelt haben soll, während das Bundeskriminalamt die Recherchen forciert habe. M. selbst präsentiert sich als Behördenopfer und verblüfft mit Detailkenntnissen des Gerichtsaktes. Der Prozess wird am 17.Februar fortgesetzt.

VIER TAGE PROZESS

Als angeblicher Pate der Russenmafia steht der russische Unternehmer Konstantin M. (40) vor Gericht. Ihm wird versuchte Anstiftung zum Mord vorgeworfen. Er bestreitet alle Vorwürfe. Vier Prozesstage sind anberaumt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2009)

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