Gift in Milch: 35 Kärntner Betriebe werden geprüft

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Im Kärntner Görtschitztal wurde in Milch und Futtermittel Hexachlorbenzol gefunden. Die Milch soll nicht in Umlauf gekommen sein.

In Milch und Futtermittel im Kärntner Görtschitztal ist das Umweltgift Hexachlorbenzol (HCB) festgestellt worden. Vorgeschriebene Grenzwerte wurden um 400 Prozent überschritten. Betroffen von der Kontamination sind bis zu 35 Betriebe, bei "einer Handvoll" von ihnen wurde das Umweltgift bereits nachgewiesen, sagte der Kärntner Agrarrefernt Christian Benger (ÖVP) am Mittwochnachmittag vor Journalisten.

Die kontaminierte Milch sei nicht in Umlauf gekommen, sagt Gerlind Robitsch, Sprecherin des Agrarreferenten, zur „Presse“. Das mittlerweile weltweit verbotene, krebserregende HCB wurde früher zum Bekämpfen von Pilzen und Sporen in Getreide eingesetzt. „Das Gift HCB kommt in der Natur so nicht vor, es entsteht nur durch industrielle Emission“, so Robitsch. Im Görtschitztal seien zwei große industrielle Betriebe angesiedelt. „Ein chemischer Betrieb im Eingang des Görtschitztals, der gerade saniert und ein weiterer Betrieb, in dem verbrannt wird“, so die Sprecherin weiter. Derzeit sei man mit der Ursachenforschung beschäftigt, das Gift dürfte aber über industrielle Emission auf die Ackerflächen und Wiesen, und somit in weiterer Folge in die Futtermittel gelangt sein.

"Monitoring läuft immer"

Laut Robitsch kann ausgeschlossen werden, dass kontaminierte Milch in Umlauf gelangt sei, auch nicht bevor das Gift entdeckt wurde. „Das Monitoring dazu läuft immer, seit März sind wir sensibilisiert, weil HCB erstmals aufgetaucht ist, allerdings unter dem gesetzlichen Grenzwert von 0,01 Miilligramm pro Kilogramm. Am Dienstagabend wurde der Wert erstmals überschritten“, so Robitsch. Die betroffenen Betriebe wurden alle behördlich geschlossen. Die Milch und das Fleisch werden vernichtet. Die Tiere müssen nicht getötet werden, wenn sie weiterhin mit nicht belastetem Futter gefüttert werden, wird das Gift vollständig ausgeschieden.

Das Unternehmen „Kärntnermilch“ ist davon nicht betroffen. „Diese Betriebe gehören nicht zu Kärntnermilch und beliefern uns auch nicht“, sagt Kärntnermilch-Geschäftsführer Helmut Petschar. Laut Robitsch sei der Vorfall auch insbesondere dramatisch, weil sich das Görtschitztal als "Genussregion Milch" vermarkte. 

Bauern trifft keine Schuld

Benger wie auch Kärntens Landwirtschaftskammerpräsident Johann Mößler betonten, dass die Bauern in dieser Sache Opfer seien. "Ich werde alles unternehmen, damit den Bauern kein Schaden erwächst", sagte der Agrarlandesrat. Am Donnerstag soll es in der Landesregierung Gespräche zum weiteren Vorgehen geben.

Hexachlorbenzol

Hexachlorbenzol (HCB) wurde früher als Beizmittel gegen Pilzbefall bei Getreide eingesetzt. Es handelt sich um ein farbloses, kristallines Pulver. Die aromatische Verbindung wird durch Chlorierung von Benzol in Gegenwart von Katalysatoren bei über 230 Celsius hergestellt. Als Pflanzenschutzmittel - so "Chemie.de" - wurde Hexachlorbenzol in den 1980er-Jahren in Ländern wie Deutschland verboten.

Ein weltweites Verbot kam schließlich mit dem sogenannten Stockholmer Übereinkommen im Jahr 2001 zustande. Von damals stammt auch das weltweite Verbot von Substanzen wie DDT.

Rund 4000 schwere Erkrankungen (sogenannte Porphyria cutanea tarda) durch den Konsum von Brot, das aus gebeiztem Saatgut hergestellt worden war, wurden viele Jahre vor dem Verbot in Ostanatolien in der Türkei registriert. Im Rahmen des sogenannten "Pink Disease" wurden zunächst Hautschäden bemerkt, bei den Patienten entwickelten sich dann Abszesse, schwere Lungen- und Leberprobleme sowie Blutbildveränderungen. Bei Kleinkindern mit schweren Vergiftungen verliefen mehr als 90 Prozent der Erkrankungen tödlich.

(APA/ks)

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