Kinderporno: Täter mitten unter uns

(c) APA (Bundeskriminalamt)
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Die Polizei forscht Politiker, Ärzte, Anwälte, Lehrer, Angestellte, Arbeiter, Arbeitslose aus. Die meisten Verdächtigen stammen aus Wien, Niederösterreich und der Steiermark.

WIEN. Österreichs Kinderpornojäger haben wieder zugeschlagen: Nach knapp zwölfmonatigen Ermittlungen haben die Experten des Bundeskriminalamtes (BK) und Cyber-Cops aus den Bundesländern 935 heimische Kinderpornobetrachter und -sammler ausgeforscht. Es handelt sich um den bisher größten Schlag gegen Kinderpornografie in Österreich.

Die meisten Verdächtigen stammen aus Wien, Niederösterreich und der Steiermark, berichtete am Freitag BK-Ermittlungsleiter Harald Gremel. Die auf den Bildern und Videos gezeigten Kinder waren in der Regel zwischen neun und zwölf Jahre alt. Die meisten stammten aus den USA und Paraguay. Auf einem Bild ist ein jüngeres Mädchen – es wird auf fünf bis sechs Jahre geschätzt – zu sehen. Trotz internationaler Ermittlungen konnte es bisher allerdings nicht identifiziert werden.

Bei den österreichischen Verdächtigen handelt es sich um Internet-User „quer durch alle Gesellschaftsschichten“, wie Gremel betont. Unter den Kinderpornobetrachtern sind Arbeitslose, Arbeiter und Angestellte genauso wie höhere Beamte, Ärzte und drei Lehrer. Auch ein Rechtsanwalt und ein Politiker wurden bei dieser Aktion ausgeforscht. Laut Informationen der „Presse“ soll es sich bei dem Politiker um einen im lokalen Bereich tätigen Mandatar handeln.

Von den 935 Personen, die ins Netz der Pornojäger geraten sind, konnten die Beamten rund 190 den Besitz oder die Weitergabe von einschlägigem Material nachweisen. Die anderen haben sich die pornografischen Darstellungen von Kindern angesehen. Das ergab sich aus den Auswertungen der Festplatten.

Das Ansehen von kinderpornografischem Material ist nach dem (noch) geltenden Gesetz nicht strafbar. Künftig – ab 1. Juni 2009 – wird aber auch der willentliche Konsum strafbar, berichtet Erich Zwettler aus dem Bundeskriminalamt. Wer dann anhand eindeutiger Schlüsselwörter im Internet nach Kinderpornos sucht und auf sie zugreift, kann zur Rechenschaft gezogen werden. Der Strafrahmen für das Betrachten beträgt bis zu drei Jahre.

In Wien ist Peter Brozek, ein erfahrener Kinderpornojäger, für die Ermittlungen zuständig. Rund ein Drittel aller in der Aktion ausgeforschten Personen kommt aus Wien. Nach Dutzenden Vernehmungen und Hausdurchsuchungen teilt Brozek (aus seiner subjektiven Wahrnehmung) die Verdächtigen in drei Gruppen ein.
Pädophile: Sie suchen und konsumieren bewusst ausschließlich kinderpornografisches Material und geben es auch an andere weiter, ohne aber selbst Minderjährige zu missbrauchen.
Pornosüchtige: Sie suchen das Netz akribisch nach Pornos ab und speichern alles, was sie dazu finden können. Auch Videos und Fotos von Minderjährigen.
Zufallstreffer: Diese Personen wurden ausgeforscht, weil sie nach Pornoseiten gesucht haben und dabei auch auf Kinderpornos gestoßen sind.

Zugriffe aus 170 Staaten

Die jetzige Operation ging von Kroatien aus. Dort beobachtete die Polizei 76 Stunden lang eine einschlägige Seite. In diesen drei Tagen wurden zwölf Millionen Besuche von 144.200 verschiedenen IP-Adressen registriert. Die Betrachter kamen aus 170 verschiedenen Staaten.

Bei den Hausdurchsuchungen in Österreich wurden als „Nebenprodukte“ auch Drogen, verbotene Waffen und NS-Devotionalien gefunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2009)

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