Fall Kampusch: Rzeszut bekennt sich „nicht schuldig“

Johann Rzeszut mit seinem Anwalt Norbert Wess (links hinten) im Straflandesgericht Wien
Johann Rzeszut mit seinem Anwalt Norbert Wess (links hinten) im Straflandesgericht WienAPA/H. Pfarrhofer
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Wegen falscher Beweisaussage musste sich Johann Rzeszut (73), der frühere Präsident des Obersten Gerichtshofes (OGH), vor einem Wiener Strafgericht verantworten.

Er ist bereits der zweite frühere Präsident eines Höchstgerichts, der wegen des Entführungsfalls „Natascha Kampusch“ vor einem Strafgericht gelandet ist: Johann Rzeszut (73), 2003 bis 2006 Präsident des Obersten Gerichtshofes (OGH), musste sich am Donnerstag wegen falscher Beweisaussage verantworten. Er bekannte sich „nicht schuldig“. Der Prozess wurde auf 12. Februar vertagt.

Ende 2009 war Ludwig Adamovich, der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofes (die beiden Topjuristen gehörten der Kommission zur Evaluierung der Behördenarbeit im Fall "Kampusch" an) wegen übler Nachrede erstinstanzlich zu einer teilbedingten Geldstrafe verurteilt worden. Adamovich hatte eine strittige Bemerkung zur Kindheit des Entführungsopfers gemacht. Letztlich endete dieses Verfahren aber mit einem rechtskräftigen Freispruch. Auf einen solchen zielt nun auch Rzeszut ab. Er erklärte seiner Richterin Claudia Geiler vom Straflandesgericht Wien: „Ich war in einem mentalen Tunnel“. Damit meinte er jene Zeugeneinvernahme vom 6. März 2012, die ihn nun vor Gericht brachte.

Ein Polizist als "Privatschnüffler"

Damals hatte Rzeszut als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren gegen einen mittlerweile (nicht rechtskräftig) wegen Amtsmissbrauchs zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilten Polizisten angegeben, er habe mit diesem Polizisten seit einem (von insgesamt zwei) persönlichen Treffen „keinen Kontakt“ mehr gehabt.

Der Beamte war ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten, weil er auf eigene Faust Erhebungen angestellt hatte. Er wollte ohne behördlichen Auftrag nachforschen, ob es sich bei einer Schülerin einer niederösterreichischen Schule um ein Kind von Natascha Kampusch handeln könne, ebendies wurde und wird sowohl von Kampusch als auch seitens der betroffenen Familie entschieden zurückgewiesen. Aber zurück zu Rzeszut. Tatsächlich gab es nach dem besagten Treffen mit dem Polizisten sehr wohl noch telefonische Kontakte bzw. wechselseitige Versuche telefonischer Kontaktaufnahmen sowie SMS-Sendungen.

Rzeszut stellte nun klar, er habe deshalb die Frage nach Kontakten verneint, weil er gedacht habe, diese Frage beziehe sich nur auf Kontakte bezüglich der Erhebungen des Beamten. Er habe niemals angenommen, dass sämtliche Kontakte, also auch solche zu ganz anderen Themen gemeint sein könnten. Daher sprach er nun eben von einem "mentalen Tunnel".

"Frau Magister, nicht Frau Kollegin"

Etwas holprig gestaltete sich nun die Beschuldigteneinvernahme des einstigen Spitzenmannes der österreichischen Gerichtsbarkeit. Rzsezut zu Richterin Claudia Geiler, die als Landesgerichtsrichterin die heikle Aufgabe hatte, den Ex-OGH-Präsidenten zu befragen: "Es ist auch für Sie nicht angenehm, Frau Rat." Der Beschuldigte weiter: "Auch für die Justiz ist es nicht gerade ein Akzeptanzgewinn, wenn so etwas passiert."

An anderer Stelle sagte der pensionierte Höchstrichter (Rzeszut wollte ursprünglich vor seiner Richterin stehen, wurde aber - wie alle anderen Beschuldigten auch - ermuntert Platz zu nehmen): "Frau Magister Geiler, entschuldigen Sie, wenn ich Sie so anspreche, weil Frau Kollegin darf ich aus der Position nicht sagen."

"Kampusch-Staatsanwalt" im Publikum

Der Prozess fand vor hochkarätigem Publikum statt. Auch andere Richter und auch der ehemalige "Kampusch-Staatsanwalt" - nach seinen Ermittlungen war er von der Einzeltäterthese überzeugt (einziger Entführer: Wolfgang Priklopil) - saßen als Zuhörer im Gerichtssaal. Die Einvernahme des Beschuldigten geriet schließlich zum hitzigen, manchmal fast lautstarken Dialog zwischen dem Beschuldigten und der Prozessleiterin. Diese konnte nicht verstehen, warum Rzeszut als Zeuge Kontakte zu dem Polizisten verneint hatte. Und Rzeszut blieb dabei, er habe deshalb Kontakte in Abrede gestellt, "weil ich gemeint habe, Kontakte in Bezug auf den Vernehmungsgegenstand" - also in Bezug auf die privaten Erhebungen des Polizisten.

Rzeszut war damals übrigens selber in Verdacht geraten: Mutmaßungen wurden angestellt, wonach der Ex-OGH-Präsident den Beamten zu dessen letztlich völlig missglückten Nachforschungen angestiftet haben könnte. Dieser Verdacht wurde aber umgehend fallen gelassen. 

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