Chanukka: Fast wie auf dem Weihnachtsmarkt

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Die Israelitische Kultusgemeinde lud nach Langem wieder zu einem Chanukka-Markt auf den Judenplatz – als Zeichen dafür, sich stärker öffnen zu wollen.

Wien. Es gab fette Krapfen und Kekse, Musik und Kunst, koscheren Punsch und Schmuck – unter anderem vom Label „Meshugge“: Verrückt? Nicht mehr als jeder Weihnachtsmarkt. An jenem hat sich die Kultusgemeinde nämlich orientiert, mit ihrem Chanukka-Markt auf dem Wiener Judenplatz.

Schon 2001 und 2002 hatte die Israelitische Kultusgemeinde erstmals zu einem solchen Markt geladen. Gestern, Donnerstag, tat sie es wieder. Mit Latkes und Sufganiot, den traditionellen kulinarischen Bestandteilen des Lichterfests. Die herausgebackenen Kartoffelpuffer und Krapfen haben mit dem Öl zu tun, das beim Chanukka-Fest eine große Rolle spielt. 167 vor Christus war es einer Gruppe jüdischer Widerstandskämpfer gelungen, die griechischen Besatzer aus Jerusalem zu vertreiben. Der Legende nach wurde nach der Befreiung im Tempel ein letzter Krug heiligen Öls gefunden, mit dem man den siebenarmigen Leuchter, die Menora, entzündete. Obwohl die Ölmenge nur für einen Tag gereicht hätte, brannten die Kerzen acht Tage lang. Weshalb zu Chanukka, dem Fest zur „Neueinweihung“ des Tempels, ein achtarmiger Leuchter zum Einsatz kommt.

Dass das in Wien nicht ganz zum allgemeinen Wissen zählt, war die Vermutung der Organisatoren, es den Wienern nahezubringen das Ziel. „Viele Vorurteile entstehen einfach durch Unwissenheit“, sagt Sonia Feiger von der Kulturkommission der IKG, die den Markt organisiert hat. In England etwa sei der Umgang mit jüdischen Feiertagen viel selbstverständlicher. Ihr Wunsch wäre, sagt Feiger, „dass, wenn man in Wien sagt, dass eine Bar-Mizwa oder Chanukka ansteht, jeder weiß, wovon die Rede ist“.

Die Veranstaltung ist Teil des neuen Kurses, den der vor zwei Jahren angetretene IKG-Präsident und Muzicant-Nachfolger, Oskar Deutsch, verfolgt. Immer noch würden viele Menschen hinter dem Judentum „viel Mystisches“ vermuten, glaubt er. Zu zeigen, wie man singt, tanzt und feiert, könne zeigen, dass man Teil der Gesellschaft sei – „nur eben mit einer anderen Religion“.

Dafür greift man bei Bedarf sogar auf das Modell des Weihnachtsmarkts zurück. An sich wird Chanukka zu Hause gefeiert, auch gemeinsam mit anderen Familien. Ähnlich wie im christlichen Advent gibt es jeden Tag ein Licht mehr. Gestern auf dem Judenplatz übernahm die Rolle Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, der die dritte Kerze entzündete: Seit Mittwoch ist Chanukka; begonnen wird das Fest aber schon am Abend zuvor. Es dauert acht Tage – und endet heuer damit just am 24. Dezember. Geschenke gibt es zu Chanukka auch; am ersten Tag des Fests, für Kinder manchmal sogar an jedem.

Danielle Spera bis 2020 verlängert

Auch künftig will die Kulturkommission der IKG die Wiener offensiv einladen. Zu Literaturcafés etwa, oder den Jüdischen Kulturwochen, die 2015 ihr 25-Jahr-Jubiläum feiern. Verlängert wurde gestern auch der Vertrag von Danielle Spera. Ihre Amtszeit als Direktorin des Jüdischen Museums wäre im Juni 2015 ausgelaufen, nun bleibt sie bis Mitte 2020. Ihr und ihrem Team sei es gelungen, das Haus als „neuen jüdischen Kraftplatz mitten in Wien“ zu positionieren, lobte Peter Hanke, zu dessen Wien-Holding das Museum gehört.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2014)

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