Einsturzgefahr: Wie sicher sind Wiens Altbauten?

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Binnen weniger Wochen mussten drei Gründerzeithäuser in Wien evakuiert werden. Der Grund sind laut Baupolizei unsachgemäß ausgeführte Umbauarbeiten.

Wien. Binnen weniger Wochen mussten drei Wiener Gründerzeithäuser wegen Einsturzgefahr evakuiert werden. Am vergangenen Sonntag hatte sich ein Haus in der Favoritner Quellenstraße auf einer Seite gesenkt, da eine Baufirma die Stützen eines noch nicht ausgehärteten Stahlbetonträgers entfernt hatte. Anfang Dezember stürzte ein Stiegenhaus in der Kienmayergasse in Penzing ein – wegen Balkonanbauten, die es förmlich zerdrückten. In der äußeren Mariahilfer Straße in Rudolfsheim-Fünfhaus stürzte eine Außenmauer teilweise ein. Regenwasser war über eine nicht gesicherte Baugrube in das Gebäude eingedrungen und hatte das Fundament unterspült. Die Häuser sind mittlerweile gesichert und können wieder bewohnt werden.

1Besteht ein Zusammenhang zwischen den Vorfällen?

Die Gebäude stehen weder in einem örtlichen Zusammenhang noch haben sie dieselben Eigentümer. Es gibt aber eine gemeinsame Ursache für die jüngsten Hauseinstürze: unsachgemäß ausgeführte Bauarbeiten.

2Wird die Sicherheit von Wiens Altbauten regelmäßig überprüft?

Es gibt kein „Pickerl“ für Wiener Häuser. Überprüfungen durch die Baupolizei erfolgen nicht regelmäßig, sondern nur nach einer Anzeige, die meist durch Nachbarn oder Mieter erfolgt. Erkennt die Baupolizei einen Schaden, muss ihn der Eigentümer innerhalb einer bestimmten Frist beheben. Tut er dies nicht, muss er mit einer hohen Geldstrafe rechnen. Bei akuter Gefahr, wie herabfallenden Fassadenteilen, gibt es auch Notmaßnahmen, bei denen die Baupolizei ohne Rückfrage eine Firma beauftragt. Die stellt dann beispielsweise eine Gerüst auf, um Passanten vor herabfallenden Fassadenteilen zu schützen. In weiterer Folge muss der Hauseigentümer den Schaden am Haus beheben.

3Werden Baustellen in Altbauten baupolizeilich überprüft?

Ob Bauarbeiten, etwa Dachausbauten, gemäß Einreichplan erfolgen, wird regelmäßig kontrolliert. Seit 2010 gibt es bei der Baupolizei eine „Aktion scharf“, nachdem damals binnen kurzer Zeit drei Gründerzeithäuser bei Bauarbeiten eingestürzt sind. Besonders spektakulär war ein Hauseinsturz in Penzing, der auch die darunter liegende U3 gefährdet hat. Schon damals stellte sich die Frage, ob Baustellen ausreichend kontrolliert werden. Baufirmen passen besser auf seit der Einführung der verschärften Kontrollen, heißt es bei der Baupolizei. Speziell überwacht werden die Schutzzonen, in denen das Aussehen einer Straße oder eines Häuserblocks erhalten werden soll: Immer wieder wurden schützenswerte Häuser scheinbar „versehentlich“ bei Bauarbeiten zerstört, um einen Abbruch zu rechtfertigen. Mittlerweile muss das Erscheinungsbild bei einem Unfall auf jeden Fall wiederhergestellt werden, sonst wird eine Geldstrafe fällig.

4Wer ist für Schäden an den Häusern verantwortlich?

Der Eigentümer ist für den Zustand des Hauses verantwortlich. Bei Bauarbeiten haften der Bauherr, der in den meisten Fällen gleichzeitig der Eigentümer ist, und ein unabhängiger Prüfingenieur. Das sind entweder gerichtlich beeidete Sachverständige oder Ziviltechniker. Er und der Bauherr dürfen nicht ein- und dieselbe Person sein. Der Prüfingenieur funktioniert als örtliches Kontrollorgan für die Baubehörde. Er muss Buch über die Bautätigkeit führen und die Baufirmen überwachen. Wenn etwas passiert, droht eine Geldstrafe von mindestens 21.000 Euro. In schweren Fällen sind auch Gefängnisstrafen vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2014)

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