Statistik: Migranten leben länger

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Zuwanderer bekommen mehr Kinder, haben schlechtere Chancen in den Schulen und am Arbeitsmarkt, werden häufiger kriminell, haben mehr Arbeitsunfälle, leben aber länger als die einheimische Bevölkerung.

Wien. Migration ist kein Randthema mehr. Wie aus einer von Innenministerium und Statistik Austria veröffentlichten Broschüre hervorgeht, haben 17,3 Prozent der Bevölkerung, also fast jeder fünfte, Migrationshintergrund – sprich: sie selbst oder ihre Eltern wurden im Ausland geboren. In Wien liegt der Anteil sogar bei 35,6Prozent. Vor allem in den frühen Neunzigerjahren hat es einen starken Zuzug gegeben.

Wie sieht nun der typische Zuwanderer aus? Eine neue Broschüre (Migration&Integration. Zahlen, Daten, Fakten) gibt Auskunft. Die meisten Zuwanderer kommen demnach aus dem ehemaligen Jugoslawien. Unter den fünf wichtigsten Herkunftsländern sind gleich drei Nachfolgestaaten, nämlich Serbien, Bosnien und Kroatien. Auf Platz zwei der Liste liegt Deutschland, gefolgt von der Türkei.

Dass Wiener Volks- und Hauptschulen zu einem guten Teil von Zuwandererkindern bevölkert werden, ist kein Zufall: Die Geburtenrate ausländischer Frauen ist weit höher als jene der einheimischen Bevölkerung. Während Türkinnen im Schnitt 2,6 Kinder bekommen, sind es bei Österreicherinnen nur noch 1,3 Kinder. Wer den Kinderreichtum der Zuwanderer negativ beurteilt, möge einen Blick auf die Bevölkerungsentwicklung werfen: Ohne weitere Zuwanderung würde die einheimische Bevölkerung bis zum Jahr 2065 auf unter sechs Millionen schrumpfen.

Dass Zuwanderer extra motiviert werden müssten, ihren Nachwuchs in den Kindergarten zu schicken, lässt sich aus den Daten übrigens nicht ablesen. Die Betreuungsquoten sind nahezu gleich hoch wie bei österreichischen Kindern.

Nachteile im Schulsystem

Ganz offensichtlich ist: Zuwanderer schneiden im Schulsystem deutlich schlechter ab. Während in den Volksschulen österreichweit schon 11,4 Prozent der Kinder mit einer nichtösterreichischen Staatsbürgerschaft sitzen, sind es in den Gymnasien nur 6,1 Prozent. Vor allem türkische Kinder haben kaum Zugang zu höherer Bildung. Ihr Anteil in Gymnasien macht nur 0,3 Prozent aus.

Die schlechtere Ausbildung – bereits die erste Generation der Zuwanderer hatte bei der Einreise nach Österreich meist nur Pflichtschulabschluss – wirkt sich auch auf die Berufskarriere aus. Der Anteil der Arbeiter ist deutlich höher, jener der Unternehmer niedriger. Dementsprechend ist auch das durchschnittliche Einkommen der Migranten deutlich niedriger und die Gefahr, in die Armut abzurutschen, höher. Während sechs Prozent der Österreicher armutsgefährdet sind, sind es bei den Türken 29 Prozent. Und entsprechend dem niedrigeren Bildungsniveau werden Zuwanderer auch öfter arbeitslos. Die Arbeitslosenquote von Ausländern liegt bei zehn Prozent – gegenüber vier Prozent bei Österreichern.

Politisch heftig diskutiert wird immer wieder die Frage der Kriminalität von Ausländern. Auch da liefert die Broschüre eindeutige Zahlen: 22 Prozent aller Tatverdächtigen sind in Österreich lebende Ausländer, weitere fünf Prozent Touristen und Illegale. Zum Vergleich: Zehn Prozent der Wohnbevölkerung haben eine ausländische Staatsbürgerschaft. Auf der anderen Seite sind Zuwanderer aber auch häufiger Opfer von Straftaten. 18 Prozent aller kriminellen Handlungen werden an Ausländern begangen.

Wenig Impfungen

Bemerkenswert sind auch die Zahlen zum Bereich Gesundheit. Während unter Österreichern über 70 Prozent eine aufrechte Zeckenschutz- und Tetanusimpfung haben, sind weniger als 60 Prozent (Tetanus) und weniger als 50 Prozent (FMSE) der Türken geimpft. Auffallend hoch ist auch der Anteil der Erwerbstätigen mit mindestens einem Arbeitsunfall unter Türken. Dieser ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen doppelt so hoch wie bei Österreichern.

Dafür leben Ausländer länger – zumindest die erste Generation, deren Lebenserwartung rund zwei Jahre über jener der Österreicher liegt. Die zweite Generation der in Österreich geborenen Zuwanderer hat dagegen eine deutlich kürzere Lebenserwartung.

APA, Statistik Austria: Migration & Integration

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.